Der Grabung voraus ging die zerstörungsfreie Untersuchung auf Grundlage der Auswertung der Airborne-Laserscan-Daten (ALS). Sie zeigte auf dem bis heute intensiv landwirtschaftlich genutzten Areal keine Strukturen, die auf älter Siedlungsbefunde rückschließen ließ. Untersuchungen mit dem Bodenradar lieferten ebenfalls ein sehr indifferentes Bild. Als besonders nachteilig ist in diesem Zusammenhang die geringe Größe der Messfläche und deren Durchwirken mit rezenten Strukturen (20. Jh.) zu benennen.

Die Dörsthöfe in der Gesamtansicht während der laufenen Grabung 2022

Die Grabung begann am 1. Juli 2022. Innerhalb von vier Monaten wurden bis zum 20. Oktober 2022 vier Schnitte innerhalb des Flurstücks angelegt. Die Aufschüttungen über dem gewachsenen Lehm (Lößlehm) haben eine Mächtigkeit von bis zu drei Metern. Die Schnitttiefe betrug am tiefsten Punkt etwa 300 cm (Schnitt 1).

Durch die Schnitte war es möglich, die primär horizontal in Layern angeordneten anthropogenen Strukturen partiell zu dokumentieren. Im Einzelnen sind hier anzusprechen: Wohn- und Arbeitsstrukturen aus dem Beginn des 14. Jahrhunderts in den Schnitt 1 und 1a, der Unterbau einer um 1400 genutzten Straße in Schnitt 1, Teile eines nicht unterkellerten Fachwerkhauses aus der gleichen Zeit in Schnitt 3, Aufschwemmungen des Starkregenereignisses vom 1784 in Schnitt 1 sowie Teile eines um 1900 betriebenen Feldbrandofens für Backsteine in Schnitt 2. Eine flächendeckende Erschließung des Areals war im Rahmen der Grabungen weder beabsichtigt noch möglich.

Digitalisierter Gesamtplan der Grabungsschnitte (Planum 1)

Im Gegensatz zu der 2019 durchgeführten Grabung auf der nahegelegenen Burg Mömbris lieferte die im Vorfeld durchgeführte geophysikalische Untersuchung durch das Institut für Geographie und Geologie der Universität Würzburg keine für die dann aufgedeckten Befunde relevante Anhaltspunkte.

Schnitt 1

Schnitt 1 grenzt südlich an jene Verdachtsfläche an, in der bereits vor Jahrzehnten bei Bauarbeiten archäologisch undokumentiert ein Brennofen mit hochmittelalterlicher Keramik angeschnitten worden war.

Blick von Nordosten auf Schnitt 1

Schnitt 1 in der Umzeichnung. Norden ist rechts.

In einem ersten Schritt galt es zu klären, in wieweit die Provenienz der Altfunde (verm. abgegangener hochmittelalterlicher Keramikbrennofen) verifiziert und ggf. genauer lokalisiert werden kann. Indirekt gelang dies beim Teilergraben der nach Süden weisenden Böschungskante der Kläranlage. Dort wurde der in der Mitte der Kläranlage entnommene Abraum aufgelagert. Entsprechende verworfene Scherbenkonvolute konnten bereits in den ersten Tagen der Untersuchungen geborgen werden. Es handelt sich dabei ausschließlich um henkellose Kugeltöpfe ganz unterschiedlicher Scherbenfarbe. Deutlich als Fehlbrände zu charakterisierende Gefäßfragmente und Bruchstücke der Wandung des Keramikbrennofens vervollständigen das Fundensemble. Die Übereinstimmungen mit den Altfunden sind evident. Es gilt daher festzuhalten, dass die Angaben des Finders der Altfunde im Befund referenzierbar sind, wenn auch über den Umweg des umgelagerten Kontexts.

Dass es sich bei der Befundsituation nicht um Auffüllschichten handelt, die als hochmittelalterliche Verfüllungen bzw. Laufhorizonte anzusprechen sind, ist daran abzulesen, dass die darunter lagernden Straten als datierendes Fundgut ausschließlich inwendig glasierte Kannen- und Tellerfragmente enthielten. Diese waren teilweise malhornbemalt. Über die Randformen der Kannen und aufgrund anderer Merkmale kann die Keramik, die stark fragmentiert und stark vereinzelt dem Erdreich entnommen werden konnte, in des 17. sowie in die erste Hälfte des 18. Jahrhunderts datiert werden. Als spätestes Fundgut ist auf graublaues Westerwälder Steinzeug sowie auf das Fragment eines in Fayencetechnik bemalten Tellers zu verweisen.

Beachtenswert ist der Umstand, dass sich für die weitgehend homogene, frühneuzeitliche Schicht mit partiell stark organischem Eintrag unter einer ca. 20 cm mächtigen Humusüberdeckung eine Mächtigkeit von mindestens 120 cm konstatieren lässt. Die Auflagerungen, die dem Hang folgend ein leichtes Gefälle nach Süden aufweist, lässt sich nach erstem Dafürhalten als vergleichsweise rezente Form des Aufbaus eines Schwemmfächers benennen. Dafür spricht die topographische Situation, insbesondere der westlich an der Grabung vorbeifließende, heute kanalisierte Bachlauf. Sicher scheint schon zum jetzigen Zeitpunkt, dass nördlich von Schnitt 1 vor diesem Erdeintrag eine heute im Gelände kaum mehr wahrnehmbare stark ausgeprägte Geländekante bestanden haben dürfte.

Um in dem vorliegenden Areal die Komplexität des Schichtenaufbaus flächig untersuchen zu können, schien es unerlässlich, die spätneuzeitlichen Kolluvien lediglich partiell zu untersuchen. Zur Freilegung der älteren Einträge schien es angeraten, Schnitt 1 mit Hilfe eines Baggers um besagte 150 cm mechanisch tieferzulegen. Dabei konnten zwei Kanalleitungen ergraben werden, die der Entsorgung der Abwässer der beiden darüber befindlichen Gebäudekomplexe dienen.

Bei der Anlage einer Sondage in der Mitte der Fläche wurde ca. 20 cm unterhalb des mechanischen Abtrags eine partielle Rollierung aus daumennagel- bis faustgroßem Geröll festgestellt. Die Schüttung besteht aus dem örtlich anstehenden Diorit. Die wenigen, grün und gelb glasierten Keramikfragmente, die in die Rollierung eingebettet waren, lassen sich mithilfe eines sehr kleinen Fragments einer Halbzylinderkachel vom Typ Tannenberg unter Vorbehalt in das letzte Drittel des 14. Jahrhunderts datieren. Die Rollierung erwies sich bei Erweiterung der Sondage nach Norden hin als schräg angeschnittener, ca. 170 cm breiter Weg. In der Mitte des Befundes weist die Rollierung eine Mächtigkeit von ca. 15 cm auf. Zu beiden Seiten hin (nach Norden ebenso wie nach Süden) dünnt sie merklich aus.

Vorläufig ist davon auszugehen, dass mit der Rollierung der Unterbau eines im Spätmittelalter angelegten Weges gefasst werden konnte, der die beiden Altorte Mömbris und Alzenau-Michelbach miteinander verband und damit den Kahlgrund an dieser Stelle verkehrstechnisch erschlossen haben dürfte. Diese Hypothese voraussetzend ist davon auszugehen, dass der westlich des Befundes zu querende Bach mit einer hölzernen Brückenkonstruktion versehen gewesen sein dürfte. Ob es sich bei der Rollierung um die Reste einer Wegbefestigung zu besagter Brücke handelte, soll in den Folgewochen durch das flächige Abtiefen in Schnitt 1 überprüft werden. Der Wegbefund legt die Höhe des ersten Planums in Schnitt 1 fest.

Profil 1 („Nordprofil“) in Schnitt 1. Blick von Südwesten.

Nach dem mechanischen Erdabtrag ging darum, die drei äußeren Profile des Schnittes (Nord-, Ost- und Westprofil) für die Dokumentation vorzubereiten. In der östlichen Hälfe des Schnittes wurde das Erdreich um ca. 50 cm auf die Höhe des Straßenpflasters abgetieft. Hierbei traten keine weiteren Befunde zu Tage. Es ist davon auszugehen, dass die Aufschwemmungen des 17. und 18. Jahrhunderts den gesamten zu ergrabenden Bereich flächig und mit hoher Schichtenstärke überdeckten. Ein annähernd parallel zum Ostprofil von Norden nach Süden abfallend verlaufender Abwasserkanal sowie ein weiterer, der in der südlichen Hälfte des Schnittes diesen diagonal von Nordwesten nach Südosten quert, verringerte die zu untersuchende Fläche erheblich, mussten doch zur Stabilisierung der teilaufgedeckten Kanalleitungen aus Beton jeweils eine ca. 100 cm breite Böschung angelegt werden.

Nach dem mechanischen Erdabtrag ging es nun darum, die westliche Hälfte des Schnittes bis auf Höhe des Planums 1 abzutragen. Parallel dazu wurde die Steinstückung der spätmittelalterlichen Straße, die den Schnitt von Osten nach Westen quert, im östlichen Schnittsegment geputzt. Besonders zu vermerken ist der Fund einer doppelseitig geprägten Silbermünze aus dem Jahre 1741. Sie gibt den terminus post quem jenes Starkregenereignisses an, in deren Folge der mächtige Bodenauftrag über Planum 1 entstanden sein dürfte.

Die Steinstückung der Straße aus der Zeit um 1400 wurde umfangreich freigelegt. In der 33. KW wurde damit begonnen, das Ostprofil bis auf den Gewachsenen abzutiefen. Ziel war es, in dem Profil die Aufschüttungen des 18. und ausgehenden 14. Jahrhunderts ebenso zu dokumentieren wie den darunterliegenden Bachlauf, der bereits im 13. Jahrhundert bestanden haben dürfte.

Profil 4 („Ostprofil“) in der digitalen Umzeichnung.

Unmittelbar neben dem Ostprofil konnte die Erde bis auf das Gewachsene abgetragen werden. Wir stießen auf eine Schotterschicht ohne anthropogene Einschlüsse. Der Schichtenauftrag zeigte sich wie erwartet. Allerdings erwies sich die Verfüllung der Zeit um 1400, in der auch die darüberliegende Straße angelegt wurde, als erstaunlich tief in das ehemalige Bachbett hineinreichend. Für den Wegebau wurde bis zu 150 cm Schotterung und Lehm in mindestens drei übereinander liegenden, sich abwechselnden Schüttungen eingebracht. Etwa in Schnittmitte (von Norden nach Osten gesehen) quert ein Bachlauf das Ostprofil von Schnitt 1. Dieser ist knapp 100 cm in den gewachsenen Schotter eingetieft. Seine Verfüllung besteht zumeist aus fundarmen, graublauem Schlicker. Diese Schicht ist auch heute schwach wasserführend. Dadurch konnte sich an der Bachsohle organische Reste (Zweige) erhalten. Besonders zu verweisen sind auf zwei Hölzer, eines davon gespitzt in die Bachsohle eingehauen, die in diesem Kontext geborgen werden konnten. Vor dem Westprofil wurde in ähnlicher Weise vorgegangen.

Der Schichtenauftrag in Schnitt 1 von oben nach unten:

  • Kanäle aus der zweiten Hälfte des 20. Jh. (Betonröhren)
  • Aufschüttung des 17. und 18. Jahrhunderts infolge von Starkregenereignissen (?)
  • Rollierung eines Weges, ggf. in Verbindung mit einer Bachquerung stehend aus der Zeit um 1400
  • Ablagerung des Werkstattabfalls der Töpferei um 1300 als nur schwach aus dem Nordprofil kragende Verfüllung (Schichtenmächtigkeit aufgrund der Anlage von Planum 1 nicht ermittelt)
  • möglicherweise Reste einer hölzernen Brunnenfassung aus der Zeit um 1300 in der Nordostecke von Schnitt 1. Die vermuteten Reste einer hölzernen Brunnenfassung aus der Zeit um 1300 in der Nordostecke von Schnitt 1 haben sich beim Tiefergehen nicht bestätigt.
  • Bett eines Baches, dessen Verlauf weitgehend der um 1400 angelegten Straße entsprechen dürfte, der um 1300 (Phase der Töpferei) bereits verlandete und dessen anthropogene Nutzung bis in die Mitte des 13. Jahrhundert zurückverfolgt werden kann (glimmerhaltige Vorspessartware)

Schnitt 2

Südwestlich von Schnitt 1 auf einer Wiese gelegen, wurden Rammkernbohrungen durchgeführt. Die in den Kernproben vermehrt enthaltenen, verziegelten Hüttenlehmbrocken ließen auf interessante Befunde schließen. In der Humusschicht fand sich dabei eine moderne Wasserleitung, die die Ostecke des Schnittes durchschneidet. Die ersten datierungsrelevanten Befunde traten dabei direkt unter der recht flachen (max. 15 cm) Humusschicht auf, so dass der komplette Aushub des Schnittes manuell per Hand erfolgen musste. Unterstützt durch ein P-Seminar des Spessart-Gymnasiums Alzenau, die ihre praxisorientierten Projekttage auf der Grabung durchführten, konnten die Befunde freigelegt und dokumentiert werden.

Planum 1 in Schnitt 2. Blick von Osten.

Digitale Umzeichnung von Planum 1

Bei ihnen handelte es sich in erster Linie um eine flächig auftretende, verziegelte Hüttenlehmschicht mit vielen Backsteinbruchstücken, die über die Hälfte der Schnittfläche einnahm. Diese stellte den Sockelbereich eines direkt auf den Löß gesetzten Feldbrandofens für Backsteine dar. Diese in der Umgebung durchaus üblichen Gewerke wurden für ein anstehendes Bauprojekt direkt vor Ort von reisenden Fachleuten gesetzt und einmalig betrieben. Hierfür wurde anstehende Lehmmasse zu Backsteinrohlingen geformt, Lederhart getrocknet und im Anschluss zu kompakten Öfen aufgesetzt. In ihnen war ein Feuerkanal enthalten, den man in Schnitt 2 noch sehr gut als etwa 40 cm breiten „Graben“ innerhalb des Befundes erkennen kann. Nach Oben war durch die gesamte Höhe eine Abzug bzw. ein Füllkamin geführt, in den von oben auch das Heizmaterial, in unserem Fall Steinkohle, eingebracht werden konnte. Die hier gefundene Steinkohle gibt uns auch den Datierungshinweis: Erst im 19. Jahrhundert wurde die Region mit der Bahn erschlossen und erst zu diesem Zeitpunkt konnte die benötigte Steinkohle aus dem Ruhrgebiet importiert werden. Nach dem mehrere Tage dauernden Brand und einer Abkühlphase wurde der nun aus fertigen Backsteinen bestehende Ofen abgebaut. Die schadhaften oder zerbrochenen Bausteine verblieben dabei an Ort und Stelle.

In der Südecke des Schnittes wurde eine kleinere Sondage geöffnet (100 x 250 cm), um den Schichtenaufbau des Feldbrandofens zu ermitteln.

Der Schichtenauftrag in Schnitt 2 von oben nach unten:

  • Abwasserkanal aus der zweiten Hälfte des 20. Jh. (Kunststoffröhre)
  • Unterste Lage eines gesetzten Feldbrandofens mit Befeuerungs- und Zugluftsystem (um 1900)
  • Abbruchschicht eines Feldbrandofens (um 1900)
  • Aufschüttung des 17. und 18. Jahrhunderts infolge von Starkregenereignissen

Schnitt 3

Um einen tieferen Einblick in die Bebauung des Areals zu erhalten, sollte im südöstlichen Bereich der Wiese ein weiterer Schnitt angelegt werden. Allerdings wurden durch Rammkernbohrungen in diesem Bereich massive Überlagerungen durch das Starkregenereignis im 18. Jhd. festgestellt. Aus diesem Grund wurde entschieden, den Ergebnissen der Rammkernbohrungen angepasst, den Schnitt deutlich weiter nach Südosten zu verlegen. Der Schnittbereich befand sich in massiver Hanglage, so dass sich die Humusoberkante von der nördlichen zur südlichen Ecke um gute zwei Meter Höhe unterschied. Dieser Höhenunterschied wurde offensichtlich erst durch die sehr mächtige, aus mehreren Bänderungen bestehende Sedimentschicht gebildet, die nach einem Starkregenereignis im Jahr 1784 von den Hängen nördlich der heute bestehenden Bebauung auf den Dörsthöfen in einem einzigen Ereignis abgegangen ist und das gesamte Areal teilweise meterdick überdeckte. Im nördlichen Teil des Schnittes wurde diese Sedimentschicht mit einer Mächtigkeit von bis zu 120 cm erfasste, im südlichen Teil dagegen nur mit etwa 50 cm. Unter diesen Schwemmsedimenten konnte eine Strate aufgedeckt werden, die sehr viel kleinteilige Holzkohle, verziegelte Hüttenlehmbröckchen, kleinteilige Keramikscherben und verbrannten Lehm enthielt. Dieser nahezu horizontal verlaufende Befundkomplex markiert einen Zerstörungshorizont aus dem Jahr 1405, bei dem die Siedlungsbebauung niederbrannte. Diese Bebauung konnte beim weiteren Abtrag der Sedimente in Form einer gesetzten Steinreihung aufgedeckt werden. Hierbei handelt es sich um ein einreihiges Steinfundament eines eingeschossigen Fachwerkbaus aus dem ausgehenden 14. Jahrhundert.

Blick von Süden auf das Mauerfundament in Schnitt 3.

Das Mauerfundament in der digitalen Umzeichnung.

Dieser Befund ist auf der gesamten Grabungsfläche der Einzige, der als konkreter Baubefund der ehemaligen Wohnbebauung Rückschlüsse auf die Besiedelungsstruktur im späten Mittelalter schließen lässt. Flächig konnte im Schnitt eine massive Rollierung aus kleinteilig zerschlagenen Bruchsteinen festgestellt werden, die in sehr lehmigem Löß verdichtet wurden. Diese Rollierung bildete die Auflage und den Untergrund für die Bebauung. Die nahezu horizontale Ausrichtung der Siedlungsstraten zeigen eine ehemals ebene Besiedelungsfläche an dieser Stelle, die im heutigen Weichbild nicht mehr ersichtlich ist. Unter der Steinrollierung kam im südlichen Bereich des Schnittes eine Kulturschicht zutage, die durch Beimengungen an Holzkohlebröckchen und Holzkohleflitter möglicherweise auf eine Brandrodung des Geländes hinweisen könnte.

Der Schichtenauftrag in Schnitt 3 von oben nach unten:

  • Bebauung des Areals durch ein ebenerdiges Fachwerkgebäude mit Steinfundament (ausgehendes 14. Jhd.)
  • Brandzerstörung des Fachwerkgebäudes (um 1405)
  • Aufschüttung des 17. und 18. Jahrhunderts infolge von Starkregenereignissen (?)
  • Flächennutzung im 20. Jhd. (Drainagierung)

Fazit

Die Schnitte, die bei der Antragstellung in ihrer Positionierung in dieser Form nicht avisiert waren, ergaben sich aus den Ergebnissen der geophysikalischen Untersuchungen, den im Verlauf der Grabung aufgedeckten Befunden und deren Verifizierung durch Rammkernbohrungen. Dabei wurde ersichtlich, dass das Areal nicht, wie ursprünglich postuliert, vor allem mit Wirtschaftsfaktoren wie einer Töpferei im hohen Mittelalter bebaut war.

Bei der Fokussierung auf Schnitt 1 konnten wesentliche Erkenntnisse zu den Auswirkungen einer Naturkatastrophe, dem Starkregenereignis von 1782, auf eine Region liefern. Dies stand in dieser Form bis dahin noch nicht im Fokus archäologischer Untersuchungen. Darüber hinaus lieferten die Befunde der Fernhandelsstraße wichtige Erkenntnisse über die Binnenstruktur und Erschließung des ländlichen Raums im späten Mittelalter. Auch solche Fundkomplexe stehen aktuell in der archäologischen Forschung normalerweise nicht im Mittelpunkt.

Die Verortung von Schnitt 2 wurde Aufgrund der Lagerung des Abraums aus Schnitt 1 abweichend zur Antragsstellung nach Südosten verändert. Dank dieser Abweichung gelang der Nachweis des Feldbrandofens aus dem 19. Jhd. Ein solcher temporärer Produktionsort für Backsteine ist im Grunde ein typischer und notwendiger Bestandteil einer Kulturlandschaft aus der jüngeren Vergangenheit, das aktuell jedoch wenig erforscht ist. Die Datierung gelang über das benötigte Brennmaterial: Diese Art der Brandöfen wurden mit Steinkohle beheizt, die erst durch den Bau der Kahlgrundbahn Ende des 19. Jhd. aus dem Ruhrgebiet ihren Weg in den westlichen Spessart fand. Solch ein wichtiges Element einer Besiedelungsstruktur ermöglicht Rückschlüsse auf Wohlstand, Ausbau oder auch Status des ländlichen Raums. Umso erstaunlicher, dass solche „moderne Befunde“ in der aktuellen Forschungsarchäologie kaum Beachtung finden.

Schnitt 3 war in dieser Form nicht Teil der Antragsstellung, sondern sollte deutlich weiter nördlich angelegt werden. Nach Beprobungen durch die Rammkernsondagen wurde eine Verlegung des Schnittes an diese Stelle beschlossen. Durch die Hanglage, bedingt durch die überlagernden Sedimentschichten des Starkregenereignisses, und den Schutz heute stehenden Buschwerks konnte sich so der Befund eines größeren Gebäudes aus dem ausgehenden Mittelalter erhalten. Bei dem Gebäude handelte es sich um ein ebenerdig auf einem Steinsockel errichtetes Fachwerkgebäude. Die Fundamente ruhen dabei auf einer massiv verdichteten Steinrollierung, die das Areal als sicheren Baugrund nutzbar machte. Eine Brandschicht, die die nur noch in den untersten Lagen erhaltenen Fundamente bedeckt, legen eine tiefgreifende und gewaltsame (Brand-) Zerstörung des Gebäudes nahe. Der Standort des Niederadelssitzes oder der Filiation eines Niederadelssitzes befand sich im Spannungsfeld naheliegender Burgen, wie der Burgen Hauenstein, Mömbris oder Alzenau. Die Datierung der Zerstörung der Burg Mömbris im Jahr 1405 lässt vermuten, dass der Brand- und Zerstörungshorizont des Gebäudes in Schnitt 3 in die gleiche Zeit zu verorten ist.

Durch die drei auf den Dörsthöfen angelegten Schnitte konnten grundlegende Aussagen zur Entwicklung eines ländlichen Kulturraumes über Jahrhunderte hinweg getroffen werden. Auch Auswirkungen von Naturereignissen, wie sie uns heute auch immer mehr betreffen, konnten in den Befunden nachgewiesen werden.

Die ausschnittsweise Untersuchung der Besiedelungsstruktur im Umfeld der heutigen Dörsthöfe ist demzufolge weit mehr als die Bestandserfassung im Vorgriff einer touristischen Inwertsetzung. Sie schafft einen Kausalzusammenhang der bei den Forschungsgrabungen des Archäologischen Spessartprojekts seit 2004 gewonnenen Erkenntnisse zur Bebauungs- und Infrastruktur im ländlichen Raum im westlichen Spessart.

 

Christine Reichert und Harald Rosmanitz 2024