Klischee oder Wirklichkeit?

 Burgenrekonstruktion zwischen Grabungsbefund und Burgenromantik

 9. Symposium zur Burgenforschung im Spessart

 

Eine Tagung des Vereins für Heimatpflege Waldaschaff  und des Archäologischen Spessartprojekts – Institut an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg ,

 in 63857 Waldaschaff, Gasthaus „Zur Krone“, Aschaffenburger Straße 33

am Samstag , den 5. November 2016
von 9:30 – 18:00 Uhr

mit einem Festvortrag
am Freitag, den 4. November 2016 um 19:00 Uhr

 

Mit Unterstützung des Gemeinde Waldaschaff und der Kulturstiftung des Bezirkes Unterfranken

 

An der Nahtstelle zwischen Forschung und Tourismus kommt der Visualisierung von Bodendenkmälern eine zentrale Rolle zu. Sie bildet das Herzstück eines jeden Besucherleitsystems, ermöglicht sie doch den erleichterten Zugang zu komplexen baugeschichtlichen Zusammenhängen. In den zwölf Jahren der Erforschung und Erschließung der Spessartburgen durch das Archäologische Spessartprojekt konnten ganz unterschiedliche Wege beschritten werden. Die Bandbreite reicht von der Zeichnung über die 3D-Rekonstruktion bis hin zum Nachbau markanter und signifikanter Baustrukturen.

Das 9. Symposium zur Burgenforschung im Spessart 2016 in Waldaschaff möchte die verschiedenen Möglichkeiten der Rekonstruktion vergleichend darstellen. Interessierte Besucher benötigen solche Hilfestellungen, um eine Vorstellung von einem Denkmal zu erhalten. In den Köpfen der Betrachter werden auf diesem Wege sehr einprägsame Bilder der Geschichte, ihrer Bauwerke und des Lebensalltags der damaligen Bevölkerung erzeugt. Als Orientierungshilfe gedacht sind solche Visualisierungen – sind sie einmal in die Welt gesetzt – jedoch kaum mehr aus der Köpfen der Burgenbegeisterten zu bringen. Sie erweisen sich gegenüber begründeten und durch neue Forschungsergebnisse zwingend angeratenen Veränderung oder Neugestaltungen als erstaunlich resistent. Die Zwickmühle für den Ausgräber oder Bearbeiter besteht darin, dass er einerseits möglichst bald eine konkrete Vorstellung über die nur noch in geringen Resten vorhandene Bausubstanz geben muss, um unter anderem dadurch zu gewährleisten, dass auch die künftigen Generationen sorgfältig mit diesen wenig anschaulichen Überresten umgehen. Andererseits  darf nie vergessen werden, dass jede der Rekonstruktionen nur zu einem sehr kleinen Teil auf dem Befund vor Ort fußen können. Der größte Teil muss aus Vergleichen mit besser erhaltenen Objekten hergeleitet werden und entspringt damit den Erfahrungen und im weitesten Sinne der Phantasie der Bearbeiter. Bei einer geringen Quellenbasis besteht die Gefahr, Rekonstruktionen zu überfrachten oder eine Darstellung zu generieren, die sich zu einem Gutteil aus nicht belegten Einzelheiten zusammensetzt. Entsprechende Ansätze sollten außerordentlich sensibel behandelt werden.

Berichte über weitere Forschungen an Anlagen im näheren und weiteren Umfeld des Spessarts runden die Veranstaltung ab.

Der Eintritt ist frei.

Vortragsprogramm

auch als PDF verfügbarpdficon_small

Freitag, den 4. November 2016
19.00 – 19.15 Begrüßung durch Wofgang Beyer, den  Vorsitzenden des Vereins für Heimatpflege Waldaschaff
19.15 Festvortrag:
Harald Rosmanitz (Partenstein):
Über die Kunst, mächtige Mauern verschwinden zu lassen– Die Ausgrabungen auf der hochmittelalterlichen Burg Wahlmich bei Waldaschaff im Jahre 2016

Im Frühjahr 2016 führte das Archäologische Spessartprojekt gemeinsam mit dem Verein für Heimatpflege Waldaschaff Ausgrabungen auf der Burg Wahlmich bei Waldaschaff durch. Was als Untersuchung einer hochmittelalterlichen Niederadelsburg in der Art der Ketzelburg bei Haibach geplant war, erwies sich als Aufdeckung einer mit massiven, steinernen Mauern bewehrten und von tiefen Gräben eingefassten Wehranlage.  Die Burg Wahlmich wurde im Zuge des Konflikts zwischen dem Grafen von Rieneck und dem Erzbischof von Mainz in den 1260er Jahren im wahrsten Sinne des Wortes von der Landkarte getilgt. Die Zerstörung war umfassend und tiefgreifend. Nur noch die letzten Lagen der Fundamente und massive Steinauffüllungen in den Wehrgräben lassen erahnen, welch imposante Burg hier einst an einer Furt über die Aschaff gestanden haben dürfte. Die Ausgrabungen auf der Burg Wahlmich förderten damit bislang völlig unbekannte Sachverhalte der mittelalterlichen Siedlungsentwicklung am westlichen Spessartrand zu Tage, deren Bedeutung weit über die Grenzen Waldaschaffs hinausreicht Obwohl die Burgbesatzung vor dem systematischen Abriss alles was nicht niet- und nagelfest war, abtransportierte, lässt sich aus den erhaltenen Scherben, Knochen sowie aus den Eisen- und Messingobjekten vieles über den Alltag auf der Burg ablesen. Der Grabungsleiter und wissenschaftliche Bearbeiter der Untersuchung zieht eine erste Bilanz über ein Projekt, das geradezu exemplarisch die Notwendigkeit und die Möglichkeiten archäologischer Forschung in enger Zusammenarbeit mit ehrenamtlich Engagierten aufzeigt.

Samstag, den 5. November 2016
09.30 – 09.45 Begrüßung durch den Bürgermeister der Gemeinde Waldaschaff
09.45 – 10.00 Begrüßung durch den ersten Vorsitzenden des Archäologischen Spessartprojektes
Themenblock I: Burgenrekonstruktionen – Der Weg ist das Ziel
10.00 – 10.30 Harald Rosmanitz (Partenstein):
Die Burgenrekonstruktion als Vision, Orientierungshilfe, Klischee und Propagandamittel – Palimpsests aus zwei Jahrhunderten
10.30 – 11.00 Kaffeepause
11.00 – 11.30 Karl-Heinz Gertloff (Egelsbach) / Berthold Günster (Wiesbaden):
“… wie von Christo verhüllt …” – Neue Möglichkeiten zur Erfassung und Darstellung der Geometrie von Burgruinen
11.30 – 12.00 Dr. Jürgen Jung (Kleinwallstadt):
Von der Grabung zum Burgmodell – Die Rekonstruktion des „Alten Schlosses“ bei Kleinwallstadt
12.00 – 14.00  Mittagspausemit anschließender Besichtigung der Burg Wahlmich (Führungen: Sabrina Bachmann und Harald Rosmanitz)
[Fahrtgemeinschaften, festes Schuhwerk empfohlen]
14.00 – 14.45 Reinhard Münzel (Oberramstadt):
Digitale Rekonstruktion von Burgen– der Stand der Technik
14.45 – 15.30 Simon Painter-Frei (Kranzach):
Rekonstruktion im Maßstab 1:1 – die Bachritterburg in Kranzach
15.30 – 16.00 Kaffeepause
Themenblock II: Neue Forschungen im Spessart
16.00 – 16.30 David Enders (Lohrhaupten):
Das Kloster Elisabethenzell – eine mittelalterliche Rodungsinsel im Spessart
16.30 – 17.00 Sabrina Bachmann (Heimbuchenthal):
Begraben in Schichten – Der Friedhof des Klosters Elisabethenzell als Forschungsprojekt
17.00 – 17.30 Harald Rosmanitz (Partenstein):
Ein Zwinger als Wirtschaftsraum – Neue Grabungsergebnisse von der Burg Bartenstein
17.30 – 18.00 Schlussbetrachtung und Ausblick

Impressionen

Vor dem offiziellen Beginn der Tagung bedankte sich der Vorsitzende des Vereins für Heimatpflege Waldaschaff bei den ehrenamtlichen Grabungshelfern.
Noch herrschte freie Platzwahl.
Ein Wiedersehen nach Monaten - die freiwilligen Grabungshelfer aus Waldaschaff und Umgebung
Wolfgang und Thomas beim Fachsimpeln
Ein Hesse und ein Österreicher in Franken
Die Ausgräber aus Rottenberg nahmen ihre restaurierten Becherkacheln vom Klosterberg in Empfang.
Der Wirt des Gasthauses "Zur Krone" sorgte für das leibliche Wohl.
Michael und Alex (Knecht) beim Austausch von Neuigkeiten
Spessartforscher in Reih und Glied
Gespanntes Lauschen beim Festvortrag am Freitagabend
Grabungshelferin Kerstin...
... und Angelika berichteten beim Umtrunk nach dem Vortrag über ihre Grabungserlebnisse.
Vertieft in die Kulturlandschaft Spessart
Neue Kontakte knüpfen...
... und Erfahrungen austauschen
*Hicks*
Der Meister und sein "Knecht"
Jürgen stellte am Samstag die Burglandschaft vor.
Beim Symposium wurden bereits Pläne für die Folgegrabung auf der Wahlmich geschmiedet.
Vor den ersten Vorträgen am Samstag waren bereits Kaffee und Kuchen verfügbar.
Der Bürgermeister der Gemeinde Waldaschaff informierte sich über den Tagungsverlauf.
Im Auditorium wartete man gespannt auf die Referate des ersten Themenblocks.
Der Bürgermeister der Gemeinde Waldaschaff hob bei dem Projekt das zivilgesellschaftliche Engangement vor.
Gerhard Ermischer gab erste Einblicke in das Tagungsthema...
... die Harald in seinem Folgevortrag gerne aufgriff.
Das Modell vom "Alten Schloss" bei Kleinwallstatt fand in den Pausen großen Zuspruch.
Essen gab es auch. Es musste allerdings vorab bestellt werden.
Hier der Beweis: Robert lässt sich mechanisch steuern.
Die Belagerungsmaschine wurde belagert.
Bei Kaffee und Kuchen ließ sich trefflich diskutieren.
Das Burgmodell - stets ein Anknüpfungspunkt für Gespräche
Jürgen erläuterte in seinem Vortrag die Enstehung des Modells.
Auch nach dem vierten Vortrag war das Interesse bei den Zuhörern noch riesig...
... eine körperlich Stärkung im Nachgang erwies sich jedoch als unbedingt erforderlich.
(Hobby-)Archäologen kennen kein schlechtes Wetter.
Ein Großteil der Tagungsteilnehmer ließ sich, dem Regen trotzend, die Führung auf der Wahlmich nicht entgehen.
Archäologie und Geographie - Harald und Christian informierten auf rutschigem Terrain.
"Soooo groß war die Mauer!"
Sabrina erläterte den Schnitt durch den Burggraben.
David berichtete im zweiten Themenblock über das Kloster Elisabethenzell.
Souverän führte Gerhard durch das Tagungsprogramm und konnte die Veranstaltung pünktlich um 18 Uhr schließen.