Mit der Burg Wildenstein bei Eschau hat sich eine der größten und zugleich interessantesten Befestigungen des Mittelalters im Spessart erhalten. Weitgehend unbeeinträchtigt von späteren Über- und Ausbauten verdankt die Burg ihre jetzige Form dem Ausbau im Konflikt zwischen den Grafen von Rieneck und dem Erzbischof von Mainz. Anlass für ihre Errichtung bot die kontinuierliche Expansion des Einflussgebietes der Grafen von Rieneck nach Westen bis vor die Tore Aschaffenburgs.
Die Ausgrabungen im Bereich des Palas, des repräsentativen Versammlungs- und Wohngebäudes der Burg, erbrachten in den Jahren 2011/12 zahlreiche neue Erkenntnisse über die Ursprünge und die Funktion dieser Anlage. Das Projekt der Burgfreunde Wildenstein e.V. in Zusammenarbeit mit dem Archäologischen Spessartprojekt wurde durch die Kulturstiftung des Bezirks Unterfranken gefördert. In insgesamt mehr als acht Monaten untersuchte ein Team von fünf Archäologen den Palas, die nördlich davor gelegene, gepflasterte Zuwegung sowie den westlich an den Palas anschließenden Küchentrakt.
Bislang standen zur Entschlüsselung der Geschichte der Burg Wildenstein lediglich die überlieferten Schriftquellen zur Verfügung. Durch Bodenuntersuchungen kamen zahlreiche neue Fakten hinzu, die das Wissen über Wohl und Wehe der Anlage erheblich präzisieren. Als Schauplatz einer kriegerischen Auseinandersetzung in den 1260er Jahren wurde die Anlage auch zum „Tatort“, dessen Spuren bei den Grabungen dokumentiert werden konnten. Die Archäologie erlaubt es, mehr über die Menschen, die dieses Bauwerk schufen und in ihm wohnten, in Erfahrung zu bringen. Ihre Geschichte erschließt sich aus der Analyse ihrer Hinterlassenschaften. Dazu zählen unter anderem ein aus dem Bauschutt des ausgehenden 17. Jahrhundert geborgenes, hochmittelalterliches Köpfchen aus weißem Sandstein, ein spätmittelalterlicher Blumentopf sowie mehrere im Keller des Palas vergrabene, neuzeitliche Nachgeburtstöpfe. Zahlreiche Umbauten in Form von Pflastern, Mauerzügen, Wandnischen und Fundamenten manifestieren, dass man bis zur endgültigen Auflassung der Burg im 17. Jahrhundert bemüht war, die Anlage funktionsfähig zu halten.