Die Elsava ist mit einem Einzugsgebiet von 157,4km² und einer Gewässerlänge von 26,9km1 eine der bedeutendsten Fließgewässer des Spessarts. Das Gewässer entspringt am Fuß des Spessart-Hauptkamms, der mit dem Geiersberg (585m ü. NN) seinen höchsten Punkt erreicht. Dort wo die Elsava ihre Laufrichtung von einer rheinischen Richtung in eine herzhynische Richtung ändert, liegt die Ortschaft Eschau, die mit dem Ortsteil Sommerau eine geschlossene Siedlungsfläche bildet. Administrativ gehören auch Hobbach, Wildesee und Wildenstein zum Markt Eschau. Mit der Fläche von 38,12km² ist Eschau eine der größten Gemeinden des zentralen Spessarts.
Eschau liegt an einer besonderen topographischen wie geologischen Position. Bei Eschau treffen sich verschiedene Störungen des sogenannten Großwallstadt-Obernburger-Grabens mit seinen mächtigen Lößablagerungen2. Diese besondere Situation äußert sich deutlich im Landschaftsbild der Umgebung. Nach Westen hin öffnet sich die Landschaft in den Bereich des geologischen Grabens, der morphologisch insgesamt eine beckenähnliche Situation beschreibt. Im Osten von Eschau schließen sich die bewaldeten Höhen des zentralen Spessarts an. Somit liegt der Ort Eschau auch an der Nahtstelle zweier verschiedener naturräumlicher Einheiten – dem südöstlichen Sandstein-Spessart (141,3) und dem südwestlichen Sandsteinspessart (141,4)3. Letztere naturräumliche Einheit korreliert räumlich mit der bereits erwähnten geologischen Grabenstruktur zwischen Obernburg/Großwallstadt und Großheubach.
Der Ort Wildenstein mit der gleichnamigen Burg ist dem südöstlichen Sandsteinspessart zuzuordnen. Die Umgebung ist hier stark bewaldet, wobei an den talnahen Bereichen öfter Nadelwald anzutreffen ist. Die höher gelegenen Bereiche sind fast ausnahmslos mit Laubwäldern bestanden, was auch in historischen Landnutzungsmustern begründet ist Die Topographie bzw. die Reliefposition des Weilers Wildenstein ist für den Spessart eher untypisch. Die heutigen Siedlungen des Spessarts sind zum Großteil entlang der größeren Fließgewässer angeordnet. Wenige, kleinere Weiler liegen im Bereich der Hochflächen wie z.B. die nahe gelegene Geißhöhe (515m ü. NN). Die Siedlung Wildenstein liegt dagegen im Talschluss eines kleinen Seitentälchens der Elsava, das als Brunnfloßgraben bezeichnet wird. Das Talgefäß steigt vom Vorfluterniveau relativ steil an und geht im Quellmuldenbereich in einen steilen Hang über. Im Quellbereich, also im Knick des Tallängsprofiles, liegt schließlich die Siedlung Wildenstein bei 288m ü. NN. Eine vergleichbare Reliefposition nahm vermutlich der wüst gefallene Ort Kinzbach ein, der nur wenige Kilometer nördlich in einem Seitental bei Eichelsbach zu suchen ist.
Über dem Ort Wildenstein thront die Ruine der gleichnamigen Burg. Nur ca. 60m höher als der Ort liegt die Burg auf einem langgezogenen, insgesamt relativ schmalen Höhenrücken, der vom Hochflächen-Komplex ‚Geishöhe‘ in westliche Richtung auf niedrigerem Niveau ausläuft. Insgesamt setzt der Höhenrücken im Stile einer Riedelfläche4 bei ca. 390m ü. NN am benannten Höhenrücken-Komplex an und fällt dann tendenziell auf 310m ü. NN ab, bevor das Relief in einen steilen Talhang des Elsavatales übergeht. Im oberen Abschnitt des beschriebenen Höhenrückens liegt die Burg Wildenstein bei 348m ü. NN. In diesem Bereich ist der Höhenrücken relativ schmal ausgeprägt, so dass durch die gezielte Anlage von zwei tiefen Gräben beiderseits der Burg effektive Annäherungshindernisse geschaffen werden konnten. An den anderen Seiten bieten die relativ steilen Hänge mit Hangneigungen von ca. 20° eine natürliche Barriere. Die Reliefsituation bildet die Voraussetzung für einen insgesamt ovalen, polygonalen Grundriss der Burg, die heute an den teils gut erhaltenen Mauerzügen aus örtlichem Sandstein gut nachvollzogen werden kann.
Die geologischen Gegebenheiten bieten einen hervorragenden Baugrund. Der feste Gesteinsuntergrund steht schon nach knapp einem Meter unter quartärer Bedeckung an. Die Deckschichten aus Solifluktionslagen sind im Bereich des schmalen Höhenrückens nur gering mächtig ausgebildet und dürften weitestgehend aus der hangenden, Löß-führenden Hauptlage und der Sandstein-führenden Basislage aufgebaut sein. Die Sandsteine sind dem Mittleren Buntsandstein zuzuordnen, der im Untergrund der Burg aber auch an den Hangbereichen im Aufstieg zum Geishöhen-Komplex ansteht. Weiter südlich stehen im Kuppenbereich der Erhebungen bereits die Sandsteine des Oberen Buntsandsteins an. Sie gehören z.B. mit dem großen Heckberg (469m ü. NN) bereits der Grabenschulter des Großwallstadt-Obernburger-Grabens an, die sich insgesamt bis nach Großheubach zieht. Sandsteine des Oberen Buntsandsteins spielen in der Grobfraktion der Hangschuttdecken bei der Wildenstein allerdings keine Rolle. Die Verlagerung durch Solifluktion erreichte nicht den Höhenrücken der Burg, da das Tal des Floßbrunngrabens dazwischen liegt.
Die Gesteine des mittleren Buntsandsteins sind in den Gräben bzw. Halsgräben der Burg, die in der Bauphase als Steinbruch genutzt wurden, gut einzusehen. Die Aufschlüsse zeigen Sandsteinlagen sehr unterschiedlicher Mächtigkeit, Körnung und Bindemittel mit zahlreichen tonigen Zwischenlagen. Der heterogene Aufbau des Gesteinspakets ist typisch für den Mittleren Buntsandstein, der insgesamt das Ergebnis eines sehr unruhigen Ablagerungsmilieus darstellt5.
Im Spessart findet man kaum Steinbrüche im Mittleren Buntsandstein, da die Sandsteine dieser Gesteinseinheit aufgrund der beschriebenen Eigenschaften als Bausandstein eher als ungeeignet eingestuft wurden. Auf der Burg Wildenstein wurden die Sandsteine aus den Steinbrüchen der vorgelagerten Gräben zwangsläufig für den Bau der Burg genutzt. Der Halsgraben ist somit eine der wenigen Aufschlüsse im Mittleren Buntsandstein. Jüngst wurde bei der Erweiterung und dem mehrspurigem Ausbau der A3 bei Rohrbrunn und östlich der Haseltalbrücke zusätzlich ein bedeutender Aufschluss im Mittleren Buntsandstein hinzugewonnen. Hinsichtlich der Gesteinsqualität besitzt der Sandstein bei Wildenstein keine Einschränkungen für den Bau mächtiger Mauern und Gebäude. Zusätzlich wird man harte Lesesteine der Umgebung verwendet haben, die sich in den Hangschuttdecken selektiv anreichern und sich nach solifluidaler Beanspruchung als qualitativ hochwertige Bausandsteine qualifiziert haben.
Weiterführende Literatur:
Klaus Rudi Dietz, Zur Reliefentwicklung im Main-Tauber-Bereich. – Rhein-Mainische Forschg. 93, Frankfurt am Main 1981.
Gerd Geyer, Buntsandstein, in: Joachim Lorenz, Spessartsteine. Spessartin, Spessartit und Buntsandstein – eine umfassende Geologie und Mineralogie des Spessarts. Geographische, geologische, petrographische, mineralogische und bergbaukundliche Einsichten in ein deutsches Mittelgebirge, Aschaffenburg 2010, S. 103-122
Jürgen Jung, Der Spessart in Zahlen – Nachschlagewerk zum Naturraum Spessart. Masch. Manuskript, Biebergemünd/Bieber 2010.
Jürgen Jung, GIS-gestützte Rekonstruktion der neogenen Reliefentwicklung tektonisch beeinflusster Mittelgebirgslandschaften am Beispiel des Spessarts (NW-Bayern, SE-Hessen). – Diss. Univ. Würzburg, Würzburg 2006. Online verfügbar.
Otto Klausing, Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 151 Darmstadt. Geographische Landesaufnahme 1:200 000, Bad Godesberg 1967.
Emil Meynen, Josef Schmithüsen, Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands. Veröff. Bundesanstalt für Landeskunde, zweite Lieferung. Remagen 1955.
Jürgen Siebert, Der Spessart – Eine Landeskundliche Studie, Breslau 1934.
Brigitte Schwenzer, Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 139 Frankfurt am Main. Geographische Landesaufnahme 1:200 000, Bad Godesberg 1967.
Jürgen Jung, Kleinwallstadt 2013