Firstziegel vom Gräfenberg

Dachziegel vom Gräfenberg: Mönch/Nonne

In den Bauten innerhalb der Burg auf dem Gräfenberg kamen ganz unterschiedliche Baumaterialien zum Einsatz. Nach bisherigem Kenntnisstand dominierte bei den Spessartburgen vom Ende des 12. Jahrhunderts der Einsatz von Holz, sowohl für die umschließende Palisade als auch für die Innenbebauung, vor allem mit Fachwerkbauten. In allen Fällen bildet das Dach einen wichtigen Bestandteil der Konstruktion. Je nach Jahreszeit hält es die Räume warm oder angenehm kühl. Es schützt vor Nebel, Regen, Eis und Schnee. Bei den Burgen kommt noch hinzu, dass ein keramisches oder steinernes Dach Brandgeschosse abhält.

Im Boden hat sich nur ein kleiner Ausschnitt der einstigen Dachdeckung erhalten. Sämtliche Deckungen mit organischen Materialien wie Stroh, Schilf, Reet oder Holzschindeln lassen sich in der Regel nicht mehr nachweisen. Eine solche „weiche Dachdeckung“ hatte den großen Vorteil, dass die benötigten Baumaterialien billig und leicht zu beschaffen waren. Als Werkstoffe mit geringem Gewicht benötigten diese darüber hinaus keine massiven Unterbauten in Form von ausgeklügelten Dachstühlen. Der große Nachteil war die leichte Brennbarkeit. Schon der kleinste Funke konnte hier zur Katastrophe führen. Dies veranlasste die Städte, spätestens ab dem 15. Jahrhundert durch rigorose Vorschriften die weiche Dachdeckung durch Dachziegel, Dachschiefer oder Steinplatten zu ersetzen.

Am häufigsten griff man dabei auf eine Deckung mit gewölbten Ziegeln, die Mönch/Nonne-Dachdeckung zurück (Tafel 19-21). Die Nonne wurde mit ihrer Nase in die Lattung gehängt (Unterpfanne). Die Fuge zwischen den Unterpfannen wurde mit einem ähnlich gebildeten, etwas schmaleren Ziegel, dem Mönch (Oberpfanne) abgedeckt. Zusätzlich mit Mörtel verfugt, ergab das Ganze ein schweres, aber sehr stabiles Dach (mehr als 100 kg/qm).

Die bislang auf dem Gräfenberg gefundenen Ziegel gehören sämtlich dem Typus Mönch/Nonne an (Tafel 19-21). Auch auf den Dächern der Burg Bartenstein im Spessart dominierte diese Art der Eindeckung. Charakteristisch für die Mönch/Nonne-Ziegel ist ihre glatte, durch Verstreichspuren gekennzeichnete Oberfläche. Die Stärke der Ziegel variiert zwischen 1,2 cm und 1,4 cm.

Dass auf dem Gräfenberg bereits um 1260 ziegelgedeckte Bauten standen, überrascht nicht und lässt sich mit ähnlichen Beobachtungen aus den ältesten Planierungshorizonten vom Theaterplatz in Aschaffenburg sowie vom „Alten Schloss“ in Kleinwallstadt in Übereinstimmung bringen. Auch dort griff man bereits vergleichsweise früh auf diese aufwendige und kostspielige Art der Gebäudeeindeckung zurück. Kostspielig war das Ganze übrigens gleich in zweierlei Hinsicht: Die Ziegel mussten in einem aufwendigen Verfahren von Zieglern gefertigt werden. Für die schwere Dachlast war eine Unterkonstruktion aus gebeilten und gesägten Balken notwendig, die ihrerseits wiederum auf massivem Mauerwerk auflagern musste. Auf dem Gräfenberg sowie in den genannten Vergleichsfundorten fällt nicht nur die formale Übereinstimmung der Ziegel auf. Auch die Fertigung aus vergleichsweise fein gemagertem, eisenarmem Töpferlehm unterscheidet diese Art von Dachziegel von ihren Nachfolgern ab dem 14. Jahrhundert. Es ist erstaunlich, dass diese besonders fein gearbeiteten Ziegel im Gegensatz zu ihren rot gebrannten Nachfolgern nachträglich mit einer eisenhaltigen Engobe übergossen wurden, um dem Dach die scheinbar damals schon „gängige“ Farbe zu geben.

Die Dachziegel vom Gräfeneberg setzen damit eine bis ins kleinste durchkalkulierte Bauplanung voraus. Ohne entsprechende, langwierige Planung und ausreichende finanzielle Grundausstattung wäre die Anlage eines solchen Daches undenkbar. Hinzu kommt der Einsatz von Fachleuten wie Zimmerleuten und Zieglern.