Klein aber fein
Burgen oder ihre Baubefunde lassen sich oft nur durch das Fundgut datieren, so auch auf dem Gräfenberg bei Hösbach-Rottenberg. Erst die Analyse hunderter Keramikfragmente erlaubte eine zeitliche Einordnung der Anlage in das zweite Drittel des 13. Jahrhunderts.
Darüber hinaus geben uns die Funde wesentliche Aufschlüsse über das Leben der Burgbewohner. Zahlreiche Gegenstände und Geräte zeugen vom Alltag der Adelshaushalte in den zumeist engen, kalten und feuchten Burggemäuern. Vor allem in der Öffentlichkeit versuchte der Adel, diese schlichte Funktionalität des Alltags hinter sich zu lassen und sich so von den anderen sozialen Gruppen abzuheben. Der auf Abgrenzung bedachte höfische Lebensstil betraf besonders die Sachkultur, die ein geeignetes Mittel zur Repräsentation und Legitimation bildete. So spiegeln viele Funde die adelige Komponente wieder.
Für den Gräfenberg waren es vor allem die Nachweise eines eisernen Steigbügels, eines Becherkachelofens sowie von Glasgefäßen und Glasfenstern, die uns deutlich zeigen, dass man sich hier die neuesten und teuersten Trends in Sachen Wohnungseinrichtung leisten konnte.
Die Mehrzahl der Funde der Grabung 2007 wurde im Burginneren nördlich der Südostecke der Ringmauer gefunden. Sie stammten aus der sandigen, mit Humus durchsetzten Mischschicht, welche stratigrafisch nicht näher unterteilt werden konnte. Von den ehemals ebenfalls berücksichtigten Funden aus dem burgzeitlichen Steinbruch (Schnitt 2a) ist die genaue Provenienz unbekannt, so dass sie als Streufunde betrachtet werden müssen. Mangels des Nachweises eines burgzeitlichen Laufhorizontes gilt das auch für die Funde aus den übrigen 2007 angelegten Schnitten. Aus diesen Gründen erfolgt die Vorlage des Rottenberger Fundmaterials nicht nach Komplexen sondern nach Material geordnet in einem formaltypisch aufgebauten Katalog. In Fällen, wo sich die Beachtung von Fundkomplexen aufdrängt, wie z.B. im Falle der Pfeilspitze aus Feuerstein, wurde das entsprechende Material bereits in die Betrachtungen zur Periodisierung der Befunde einbezogen.
Aufgrund des Umstandes, dass das Fundmaterial nicht stratigrafisch ausgewertet werden konnte und die Befunde keine absoluten Daten liefern, bleiben für die Datierung und die typologische Einordnung des Gräfenberger Materials allein Analogschlüsse zu besser datierten Fundkomplexen, insbesondere wenn diese über ein größeres Formenspektrum verfügen.
Die Auswahl der als Zeichnung vorgelegten Stücke erfolgte durch die Aufarbeitung des keramischen Materials bezüglich Rand- und Bodenstücken. Objekte aus anderem Material wurden vollständig erfasst. Bei den Ziegeln wurden lediglich fünf besonders aussagekräftige Stücke dokumentiert. Das Fundmaterial bezieht Objekte aus allen Burgphasen mit ein. Dazu zählen auch herausragende Fundstücke des 18. und 19. Jahrhunderts.
Unter den in den Boden gelangten und dort erhaltenen Gegenständen stellt die Keramik die umfangreichste Fundgruppe dar, da sie im Gegensatz zu anderen Materialien wie Metall, Holz oder Textilien so gut wie unvergänglich ist.
Die Beschreibungen und Interpretationen des Fundgutes entstanden nach einer ersten Sichtung des Materials und sind daher als vorläufig anzusehen. Zum Entstehungszeitpunkt dieses Berichtes lag die Keramik noch weitgehend ungeordnet vor. Eine Restaurierung der Funde steht ebenfalls noch aus.