Eine Auswahl hölzerner Gerätschaften aus dem Burggraben der Mole
Die Holzfunde stammen aus der dauerfeuchten, etwa 80cm mächtigen Verfüllung des Burggrabens: drei Meter unter der heutigen Wiese.

Hölzerne Gefäße und Geräte wurden im Mittelalter in großen Mengen angefertigt. Aus dem Spessart sind für das 14. und beginnende 15. Jahrhundert Fundstellen in Aschaffenburg, Frammersbach und seit 2008 von der Mole in Heimbuchenthal bekannt. In allen Fällen fand man zugeschnittene Löffel und gedrechselte Schalen, Schüsseln sowie tellerartige Platten. Sie sind zusammen mit Daubenschälchen, Eimern, Fässern, Trögen, Hammerstielen, Keulen, Nägeln, Dübeln, Stiften, Schaufeln, Spaten, Tragbügeln, Wagen- und Radteilen, Reisigbesen, Leiterteilen, Toilettendeckeln, Lampen, Möbelteilen, Schuhleisten und Spielzeug repräsentativ für das hölzerne Sachgut des späten Mittelalters.

Alle Hölzer lagen in der auch heute noch vom Grundwasser stark durchfeuchteten Verfüllung des dem Burgstall ehemals nördlich vorgelagerten Grabens.

Schalen und Schüsseln aus Holz gehörten vom 13. bis zum 16. Jh. zum üblichen Tischgerät. Sie kommen mit Keramik- und Glasgefäßen derselben Zeit vor. Damit wird bestätigt, was auch auf bildlichen Darstellungen des hohen und späten Mittelalters immer wieder deutlich wird: Metall-, Keramik- und Glasgeräte werden zusammen mit Holzgeräten auf dem Tisch benutzt.

Die Tatsache, dass bei den Ausgrabungen im Spessart weit weniger mittelalterlicher Hausrat aus Holz als aus Keramik gefunden wurde, deutet die Abhängigkeit des organischen Materials von der Bodenbeschaffenheit an. So ist auf Höhenburgen wie auf der Burg Bartenstein nicht mit Feuchtbodenerhaltung zu rechnen. Dennoch lassen sich die Beobachtungen von der Mole in Heimbuchenthal auch auf diese übertragen.

Kleine Platte, Anfang 15. Jahrhundert
Kleine Platte, Unterseite
Holzschale mit eingebrannter Besitzermarke in Form eines Phallus, Anfang 15. Jahrhundert
Die Holzschale in Fundlage
Teil eines Latrinendeckels, Anfang 15. Jahrhundert
Kreisel, Anfang 15. Jahrhundert
Schwungrad einer Spinnrads, unrestauriert
Schwungrad eines Spinnrads, Anfang 15. Jahrhundert, restauriert
Holzpaddel zum Einkochen von Pflaumenmus, Anfang 15. Jahrhundert, links unrestauriert, rechts restauriert
Holzlöffel, Anfang 15, Jahrhundert, Vorder- und Rückseite
Kamm aus Buchsbaum, unten für Verfilzungen, oben für Lauseier, Anfang 15. Jahrhundert
Holzkugel, gebeilt, Anfang 15. Jahrhundert

Neben dem Brettspiel und dem Würfeln war an der Wende zum Spätmittelalter in adeligen Kreisen auch das Kegel- und Kugelspiel sehr beliebt.

Die Funde von der Mole in Heimbuchenthal stammen von einer um 1438 aufgegebenen Anlage, die von Angehörigen unterschiedlicher sozialer Schichten bewohnt wurde. Dadurch lässt sich die zwar nie bewiesene, aber immer wieder geäußerte und inzwischen zur gesicherten Wahrheit avancierte Ansicht, Holzgeschirr sei nur von Armen benutzt worden, widerlegen. Wir können davon ausgehen, dass die hölzernen Schalen bevorzugtes Essgeschirr waren. Keramikschalen sind dagegen weit seltener, waren jedoch in einem Fall sogar mit den Holzschüsseln im vorliegenden Befund vergesellschaftet. Kannen, Krüge und meistens auch die Becher waren dagegen zu jener Zeit aus Keramik gefertigt. Sie bezog man in Heimbuchenthal von dem Töpferort Dieburg. Auffällig ist zumindest für Heimbuchenthal die geringe Anzahl von gläsernen Flaschen und Trinkgeschirren. Das häufige Vorkommen der Schalen und Schüsseln lässt den Schluss zu, dass sie verhältnismäßig einfach und schnell herzustellen waren und jederzeit in großen Mengen zur Verfügung standen. Dies wird bestätigt durch die große Anzahl von Holzhandwerkern in den mittelalterlichen Städten und Dörfern.

Drechsler beim Fertigen von Holzschüsseln. Holzschnitt aus einer schweizerischen Chronik von 1548 (Aus: Heege 2002, S. 280, Abb. 588)

Die Auffindung von mindestens sieben gedrechselten Schalen und Platten in der Mole bei Heimbuchenthal zeigt weiterhin, dass man nicht in jedem Fall mit der bedingungslosen Wiederverwendung unbrauchbar gewordenen Wertstoffs rechnen kann. Vielleicht war das Holzgeschirr viel zu stark mit Fett getränkt, um als Heizmaterial zu dienen. In jedem Fall widerspricht die Verfüllung des Grabens mit einem ganzen Sortiment von Holzschälchen unserem Klischee der mittelalterlichen Mängelwirtschaft, bei dem alles seiner Wiederverwertung zugeführt wurde. Auffällig ist in unserem Zusammenhang die Werkfrische der Stücke. Bei einer ersten Analyse ließen sich keine nutzungsbedingten Schnittspuren erkennen. Dieser Umstand verleitet zu einer zweiten Hypothese darüber, warum das Holzgeschirr im Burggraben entsorgt wurde: Trennte man sich beim Umzug nach Steinheim von allem „Altmodischem“?

Zeitgemäß wird auch bei den Milites Teutonici hauptsächlich von Holzgeschirr gespeist.

Zur Herstellung der Drechselarbeiten nutze man das Holz des Ahorns, der Erle und der Birke. Daneben griff man auch auf Rotbuche, Esche und Pappel zurück. Die dünnwandigen, beidseitig abgedrehten Holzschalen zeigen außen eine Fazettierung. Diese entstand, als man den Holzklotz vor dem Drechseln mit dem Beil grob in Form brachte. Von den sieben bei der Mole gefundenen Schalen und Platten weisen nur zwei eingebrannte Bodenmarken in Form eines Hufeisens bzw. einer Schere auf. Diese Marken können – und da ist sich die Forschung derzeit noch uneins – auf den Hersteller, Besitzer oder gar den Benutzer zurückgeführt werden. Gegen eine Herstellersignatur spricht das bisherige Fehlen kleinräumig identischer Motive. Zudem stellt sich die Frage, warum man gerade diese vergleichsweise günstig zu fertigende Ware mit einer Herstellermarke versehen sollte, wohingegen sie bei Gläsern oder Keramiken zumindest in unseren Breiten nicht nachgewiesen werden kenn. Eines ist jedoch bei den beiden gestempelten Gefäßen aus der Mole auffällig: Beide sind im Vergleich mit den anderen gedrechselten Holzarbeiten außerordentlich fein gearbeitet.

Noch sind lange nicht alle Geheimnisse gelüftet, die dieses im Spessart bislang einzigartige Ensemble von gedrechselten, spätmittelalterlichen Gefäßen birgt.


© Harald Rosmanitz, Partenstein, 2020