Vom Aleborgfraale und von Knabenräubern
Um die Altenburg mit ihren gut sichtbaren Wallanlagen ranken sich zahlreiche Legenden.

Um die Altenburg mit ihren gut sichtbaren Wallanlagen ranken sich zahlreiche Legenden.

Wie um andere historische und prähistorische Stätten des Spessarts ranken sich auch um die Altenburg einige Sagen und Legenden. Gleich mehrere dieser Geschichten behandeln das sogenannte „Aleborgfraale“. Nach diesen Erzählungen war die Altenburg früher die Burg einer reichen Ritterfamilie.1 Eines Tages wurde diese Burg von Feinden angegriffen und zerstört. Allerdings vermochte der Besitzer der Burg seine zahlreichen Schätze noch rechtzeitig in den Gewölben der Burg zu verstecken, so dass die Angreifer die Reichtümer nicht finden konnten. Seitdem wurde dieser Schatz in den Ruinen der Burg von einer Schlossfrau, dem „Aleborgfraale“, die übermächtige Kräfte hatte bewacht. Einzig in der Johannisnacht besaß das „Aleborgfraale“ keine Macht über den Schatz, solange die Schatzsucher kein Wort bei ihrer Suche sprechen würden. Die Legende berichtet von zwei Ebersbachern, die in einer Johannisnacht zur Altenburg aufstiegen und schweigend begannen, nach dem Schatz zu suchen. Um Mitternacht stieß einer von ihnen auf eine Kiste gefüllt mit Gold. In seiner Aufregung vergaß der Schatzsucher, dass er nicht sprechen durfte und rief laut seinen Kumpanen herbei. Als sie aber die Kiste öffnen wollten, erschien in einem weißen Gewand und mit lautem Geheule das „Aleborgfraale“. Die Schatzgräber rannten vor Angst schlotternd davon und ließen die Kiste mit dem Schatz liegen.2

Den Sagen nach war dies jedoch nicht die einzige Gelegenheit, bei der sich das „Aleborgfraale“ zeigte. Mehrfach sollen ihr Wanderer auf dem Schlossberg begegnet sein. Es wird zudem erzählt, dass viele Menschen den Schlossberg bei Nacht mieden, wenn sie von Ebersbach nach Soden mussten, und lieber einen Umweg über die benachbarten Täler in Kauf nahmen.3

Der Geist von der Alteburg hat bei den Grabungen sogar mitgearbeitet!

Der Geist von der Alteburg hat bei den Grabungen sogar mitgearbeitet!

Das „Aleborgfraale“ wird auch mit verschwundenen Kindern in Verbindung gebracht. Demnach ging eine Frau mit ihrem Kind auf den Schlossberg, um (je nach Version der Sage) Beeren bzw. Holz zu sammeln. Sie verlor dabei ihr Kind aus den Augen und fand es trotz intensiver Suche nicht mehr wieder. Am gleichen Tag des nächsten Jahres stieg dieselbe Frau erneut auf den Schlossberg und fand plötzlich ihr Kind wieder, das sich jedoch nicht erinnern konnte, ein Jahr lang verschollen gewesen zu sein.4 Der Legende nach habe das „Aleborgfraale“, „die zauberhafterweise im Berge wohnte, das Kind in ihr unterirdisches Reich gelockt und erst nach Jahresfrist wieder freigegeben.“5

Wie tief diese Geschichte im kollektiven Gedächtnis der Menschen der Umgebung verankert ist, konnten wir während der Grabungsarbeiten 2009 erleben. Ein älterer Mitbürger berichtete uns, Bekannte von ihm hätten vor langer Zeit auf der Altenburg gegraben. Trotz eines strahlend blauen Himmels seien plötzlich ein gewaltiger Donnerschlag und ein Blitz herabgefahren, so dass die Schatzsucher schleunigst das Weite gesucht hätten. Den Wahrheitsgehalt dieser Geschichte konnten wir selbstverständlich nicht überprüfen.

Eine andere Geschichte ist die Sage vom „Knabenraub im Spessart“.6 Demnach war die Altenburg einst eine Ritterburg. Einer der dort lebenden Ritter besaß zwei Söhne. Diese wurden eines Tages von zwei Entführern geraubt. Um ihre Fluchtchancen zu erhöhen, beschlossen die beiden Entführer sich zu trennen und sich in unterschiedlichen Gegenden zu verstecken. Zuvor versprachen sie sich jedoch gegenseitig, dass, falls man einen von ihnen fassen sollte, dieser nur dann das Versteck des anderen verraten dürfe, falls man ihm verspräche, sie beide zu begnadigen. Kurze Zeit später wurde einer der Entführer gefasst und auf die Altenburg gebracht. Dort versprach man ihm, ihn zu begnadigen, wenn er das Versteck seines Kumpanen verraten würde. Der verängstigte Entführer verriet seinen Kameraden, der daraufhin gefasst und hingerichtet wurde. Der zuerst gefasste Entführer wurde jedoch freigelassen. Allerdings verfolgte ihn daraufhin der Geist seines hingerichteten Kameraden, bis er sich das Leben nahm. Auch aus dieser Geschichte folgten für Wanderer, die auf dem Schlossberg unterwegs waren, unheimliche Konsequenzen. So soll man dort hin und wieder den Hufschlag eines Pferdes hören, ohne dass ein Pferd zu sehen sei. Eine Frau soll dort einen Mann an einem Baum hängen gesehen haben. Als auf ihre Hilferufe einige Männer herangeeilt kamen, sahen diese jedoch nichts mehr.7

Weiterführende Literatur:

HGV Sulzbach und Leidersbach u. Rosmanitz, Harald (Hrsg.), Die Altenburg zwischen Sulzbach und Leidersbach. Eine prähistorische Wallanlage zwischen Main und Spessart (Neustadt a.d. Aisch 2012), S. 41-43.
Pfeifer, Valentin, Spessart-Sagen (Aschaffenburg 2007).

  1. Die Erhebung, auf der die Altenburg liegt, nannte man daher auch Schlossberg. Pfeifer 2007, S. 239.
  2. Pfeifer 2007, S. 239f.
  3. Pfeifer 2007, S. 240.
  4. Pfeifer 2007, S.103f. und 239.
  5. Pfeifer 2007, S.104.
  6. Die Sage von den beiden entführten Ritterssöhnen stammt ursprünglich aus Thüringen, wo bis heute jedes Jahr am ehemaligen Sitz der Herzöge von Sachsen-Altenburg das Festspiel vom „Prinzenraub“ aufgeführt wird. Die Sage beruht auf einer historischen Grundlage, nämlich der Entführung der Söhne des Kurfürsten Friedrichs des Sanftmütigen durch seinen Vasallen, den Ritter Kunz von Kaufungen, im 15. Jahrhundert. Trost 2009, S. 20.
  7. Pfeifer 2007, S.104f.