Geschichte zum Anfassen*
Jugendliche interessieren sich heutzutage nicht mehr für Geschichte? Das P-Seminar Archäologie des Friedrich-List-Gymnasiums Gemünden hat in der Woche vom 22.06. bis zum 26.06.2015 trotz Dauerregens und Hitze das Gegenteil bewiesen. Die 15 Teilnehmer des Kurses machten sich mit ihrem betreuenden Lehrer, Andreas Raps, auf den Weg zum Kloster Elisabethenzell, besser bekannt unter dem Namen Kloster Einsiedel. Diese ehemalige Zollstation liegt an einer Engstelle der Birkenhainer Landstraße, dem mittelalterlichen Rückgrat des damals pulsierenden Wirtschaftsraums Spessart unweit der Bayrischen Schanz.
Unter Anleitung der Archäologen Harald Rosmanitz und David Enders vom Archäologischen Spessartprojekt sowie erfahrenen freiwilligen Helfern, lernten die Schüler die verschiedenen Aufgabenfelder eines Archäologen kennen. In kleinen Gruppen durchliefen sie verschiedene Stationen.
Eine Aufgabe war das Säubern der Funde und die Zuordnung zu ihrem Fundort. Besonders begeistert waren die Teilnehmer von ihren eigenen Entdeckungen, unter anderem Scherben, Werkstücke aus Eisen, Silbermünzen und Striegel.
Ein Highlight war der Fund und die Freilegung insgesamt dreier Skelette, von denen eines sehr gut erhalten war. Die Schüler fanden es äußerst interessant, dass in einem der Gräber zwei Köpfe, aber nur ein Körper gefunden wurden, was auf eine Zweitbestattung hindeutet.
Zudem wurde ein großer Baumstumpf samt Wurzel aus dem ehemaligen Eingangsbereich der Kirche vorsichtig ausgegraben, um die darunter liegenden Funde nicht zu beschädigen.
Zu den wichtigsten Aufgaben des Archäologen gehört die Dokumentation der freigelegten Strukturen. Dazu wurden Zeichnungen, Fotos und 3D-Modelle erstellt, um diese zusammen mit dem Grabungsbericht dem Landesamt für Denkmalschutz zu übergeben.
Eine dieser Strukturen war eine Mauer, die möglicherweise einen Garten umgab und erst kurz vor dem Besuch des P-Seminars entdeckt wurde. Die Aufgabe der Schüler bestand aus der systematischen Präparation der Mauer. Dafür mussten mehrere Kubikmeter Erde schrittweise abgetragen werden.
Ein weiterer Höhepunkt war der Fund einer Köhlerplatte, die als Standort eines ehemaligen Kohlenmeilers zur Herstellung von Holzkohle diente.
Manche der Schüler waren so begeistert, dass sie erneut ihre Unterstützung für das Projekt in den Sommerferien zugesagt haben. Auch für das leibliche Wohl der freiwilligen Helfer war durch Kuchen und Brötchen bestens gesorgt.
Von den Ergebnissen der Ausgrabung konnte man sich selbst beim Grabungsfest der Arbeitsgemeinschaft „Kloster Einsiedel“ am 26. Juli überzeugen, an dem die Ergebnisse der diesjährigen Grabung präsentiert werden. Auch das P-Seminar Archäologie des Friedrich-List-Gymnasiums Gemünden war dort mit einem Informationsstand vertreten.
* Text verfasst vom P-Seminar des Friedrich-List-Gymnasiums Gemünden, veröffentlicht in der Mainpost vom 13. August 2015