Eine steinreiche Angelegenheit
Abgesehen von kleineren Suchschnitten des 20. Jahrhunderts, die jedoch nicht durch die archäologischen Untersuchungen von 2004/2005 tangiert wurden, sind auf dem ganzen Grabungsareal in allen Schnitten ungestörte Schichtenverhältnisse zum Vorschein gekommen. Das bedeutet allerdings nicht, dass seit dem Mittelalter, genauer seit der Auflassung des Burgstalls, die Stratigraphie keinen Veränderungen mehr unterworfen gewesen wäre. Die beobachtete Schichtenfolge zwang nämlich zu dem Schluss, dass der eigentliche Bebauungshorizont, der sich einst über das ganze Plateau erstreckt haben muss, bis auf geringe, durchwegs unter Tage liegende Reste nachträglich – wohl am Ende des 14. Jahrhunderts (Periode 3) – zerstört worden ist. Dies bezieht auch die umgebende Palisade sowie die Bebauung des vorgelagerten, äußeren Walls mit ein. Zu berücksichtigen sind weiterhin massive Störungen durch forstwirtschaftliche Maßnahmen der letzten zweihundert Jahre. Insbesondere der Einsatz schweren Geräts hat hier deutliche Spuren hinterlassen.
Aus den 173 dokumentierten Befunden, Schichten und Schichtengruppen konnten auf dem Burgplateau und dem umschließenden Graben folgende vier Bauphasen festgestellt werden: Periode 1, Periode 2, Periode 3 und Periode 4.
Periode 1
Vernachlässigt man den Fund eines linearbandkeramischen Schuhleistenkeils, mögliche Abschläge aus Quarz, sowie den verworfenen Rohling eines Steinbeils, liegt als Periode 1 der hochmittelalterliche Horizont mit dem Großteil der Befunde aus der staufischen Epoche (2. Hälfte 12. Jh.) vor. Dieser besteht hauptsächlich aus den Resten einer einfriedenden Wall-Graben-Wall-Anlage, des quadratischen Fundaments eines Wohnturms auf der höchsten Erhebung der Turmhügelburg sowie eines Grubenhauses mit Stakenlöchern und Webgewicht, das allem Anschein nach zur Textilfertigung genutzt wurde. Hinzu kommt die linke äußere Torwange.
Die Wall-Graben-Wall-Anlage umgibt das gesamte Bodendenkmal. Durch Abtragen der Spitze des aus einem Felsen bestehenden Hügels und weiteren, zum Teil sehr umfangreichen Planierungsmaßnahmen insbesondere an den Hangkanten schuf man ein weitgehend ebenerdiges Plateau mit steilen, bis zu neun Metern abfallenden Hängen, denen wiederum ursprünglich ein flacher, bis zu einem Meter tiefer, in den gewachsenen Felsen eingetiefter Graben vorgelagert war.
Die bei den Ausgrabungen 2004 angetroffene, dem Wirtschaftsbereich der Ketzelburg vorgelagerte Wall-Graben-Wall-Anlage östlich des Burgplateaus war gekennzeichnet durch die besagten Planierungsmaßnahmen. Durch Aufschüttungen des im Bereich des Burgplateaus abgetragen Felsens schuf man zum davor steil abfallenden Hang einen weiteren Wall. Steinstückungen im Bereich des inneren Walls sowie auch beim äußeren Wall deuten an, dass an diesen Stellen mit – heute vollständig erodierten – Trockenmauern zu rechnen ist. Weitere Hinweise auf besagte Trockenmauer ergaben sich an der südlichen Hangkante. Auch dort war die Steinstückung stark durch Erosion in Mitleidenschaft gezogen. Aufgrund der Erweiterung des Plateaus war es in diesem Bereich notwendig geworden, das nur mäßig verdichtete, aufgetragene Material oberflächlich mit einer losen Belegung mit großen, flachen Steinen zu versehen, um der Erosion vorzubeugen.
Ein im Jahre 2005 angelegter zweiter Schnitt durch Teile des äußeren Walls, den Graben, sowie des vom Burgplateau abfallenden Hanges erlaubt eine weitere Differenzierung der Wall-Graben-Wall-Anlage. Dieser Schnitt ist dem ehemaligen Zugang zum Burgberg vorgelagert und weist direkt auf die ebenfalls 2005 ergrabene linke Torwange. Im nur etwa ein Drittel in den äußeren Wall eingetieften Schnitt war ein 0,50 m starker Pfosten zu erkennen, der in die rezente Hangaufschüttung eingetieft war. Aufgrund der geringen Größe der untersuchten Fläche, sowie der starken Erosion, konnte nicht geklärt werden, ob es sich bei diesem Pfosten um einen Ankerpfosten für eine vorgelagerte hölzerne Palisade handelte oder ob wir es hier mit einem Teil der den Burggraben überspannenden, hölzernen Rampe zu tun haben. Die heute noch 1,7 m hohe Wallschüttung des äußeren Walls weist massive Erosionsschäden auf. Eine 0,3 m hohe Auflagerung auf dem verwitterten Felsen besteht aus dem bei der Anlage des Grabens entnommenen Sediment. Darüber liegt unter einer Humusdecke ein kompaktes, 0,7 m hohes Paket aus Lösslehm, welches sich in zwei Auffüllhorizonte untergliedern lässt. Die darin enthaltene Keramik datiert den Lössauftrag in die 2. Hälfte des 12. Jahrhunderts und weist den äußeren Wall damit der ersten Periode zu. Bei dem Lehmauftrag handelt es sich um eine Erhöhung mit ortsfremdem Material, welches von einem südwestlich an den Burgstall anschließenden Höhenrücken stammen dürfte. Das Erdmaterial wurde dabei mindestens 500 m herangeschafft.
Ein Aufschluss im nordwestlichen Profil des 2005 angelegten Grabenschnitts gibt eine Vorstellung von dem bei der Anlage des Burggrabens umgelagerten Erdreich. Wie man aus der nach Osten ansteigenden Sedimentschicht deutlich erkennen kann, kam es bei der Anlage des Burgstalls eben nicht nur zu erheblichen Eingriffen in die ursprüngliche Gestalt des Burgplateaus selbst. Der zumindest hinsichtlich des umgelagerten Volumens weit beträchtlichere Arbeitsanfall dürfte beim Ausschachten des die Anlage umschließenden Grabens entstanden sein.
In dem an den äußeren Wall anschließenden, dem Tor südwestlich vorgelagerten Graben waren verhältnismäßig einfache, grob strukturierte Schichtenverhältnisse zu beobachten. Unter dem Waldboden, der sich in der Sohle der Grabenoberfläche sackartig absenkte, kam eine bis zu 2,4 m mächtige, heterogene Lehm- und Geröllschicht zum Vorschein, deren sackartige Absenkungen zur Grabensohle hin klar auf eine Ablagerung von Süden, d.h. vom Burghügel her, schließen lässt. Zu erwähnen ist eine nachträgliche Verfestigung der Bodensenke knapp über dem Waldboden in Form einer 1,4 m breiten, mit einer lockeren, in Lehm gesetzten Steinpackung verdichteten Füllung. Anhand der darin enthaltenen, glasierten Keramik, kann diese Struktur in das 18. bzw. 19. Jahrhundert datiert werden. Diese Struktur war in Ansätzen auch in dem 2994 angelegten Grabenschnitt zu beobachten und könnte als Beleg für die Anlage eines befestigten Weges in der Grabensohle gedeutet werden.
Von der Zusammensetzung der lehmigen, mit faust- bis kopfgroßen Felsbrocken durchsetzten Grabenverfüllung, die sich insbesondere im unteren Bereich noch nicht vollständig verdichtet hatte, muss es sich zumindest in besagter unterer Auffüllungsschicht um eine in kurzer Zeit angelegte Auffüllung handeln. Alle weiteren angetroffenen Schichten sprechen für eine allmählich gewachsene Erosionsablagerung. Alle Einfüllungen enthielten Keramikfragmente in der Art der Seligenstädter Ware. Es handelt sich dabei offenbar um umgelagerte, vom Burghügel her verfrachtete Streufunde. Darunter trat der anstehende, teilweise stark verwitterte Felsen zutage. In den Vertiefungen der Felsoberfläche waren keinerlei Auflagerungsspuren zu finden, die auf Erosionsschichten während der Nutzung als Graben schließen lassen. Grund dafür ist die rasch voranschreitende Oberflächenverwitterug des Felsens. Auffallenderweise fehlte in der Stratigraphie des Grabens der beispielsweise für den Burggraben in Partenstein charakteristische, in Form einer kompakten, humosen Kulturschicht auftretende Grabenschlick. Dies ist umso markanter, handelt es sich doch bei dem untersuchten Grabenabschnitt eindeutig um einen in den Felsen geschlagenen Sohlgraben ohne Gefälle, bei dem eine solche Kulturschicht zu erwarten gewesen wäre. Möglicherweise wurde der Graben innerhalb verhältnismäßig kurzer Zeit um bis zu 1,6 m wieder aufgefüllt. Diese Beobachtung korrespondiert mit der unten beschriebenen, überdimensionierten Anlage der linken Torwange, der ebenfalls nur eine kurze Nutzungsdauer beschieden gewesen sein dürfte.
Im Gegensatz zu dem 2004 freigelegten Grabensegment erweist sich der 2005 untersuchte Bereich als weit weniger durch Erosion gestört. Die an dieser Stelle beachtliche Tiefe des Grabens könnte mit dem unmittelbar dahinter anschließenden Burgtor zusammenhängen. Nach Aufgabe dieses Burgtors in der Periode 2 erfolgte eine erhebliche Aufhöhung der Grabensohle und eine Umwandlung von einem Sohl- in einen Spitzgraben.
Der Übergang vom Graben zu dem nordöstlich anschließenden Burghügel weist ein starkes Gefälle auf. Der nachträglich abgeschrägte, verwitterte Felsen liegt dabei oft weniger als 0,6 m unter der heutigen Humusoberkante. Wir haben es an dieser Stelle des Burghügels also nicht mit einem nachträglich durch Aufschüttungen erweiterten Plateau zu tun, dessen Stabilität oberflächlich durch ein lockeres Steinpflaster gesichert werden musste. Vielmehr erfolgte die bereits erwähnte, massive Ausräumung des leicht abbaubaren, verwitterten Felsens bis in eine Tiefe, in der nicht mehr mit starker Erosion durch lockeres, herausbrechendes Gestein zu rechnen war.
Die bei den Ausgrabungen 2004 auf der höchsten Erhebung des Burgstalls angetroffenen Mauerzüge lassen sich zu einem quadratischen Fundament eines Wohnturms ergänzen. Es handelt sich um einen annähernd quadratischen Bau von ca. 6,5 m Länge und 6,5 m Breite bei einer Mauerstärke von 0,6 – 0,7 m, dessen Nord- und Westmauern noch bis auf fünf Lagen erhalten waren. Das zweischalige, vermörtelte Mauerwerk ruht auf einer Ausgleichsschicht auf dem unebenen Felsen. Aufgrund von Erosion und Steinabtrag hat sich die Mauer nur noch partiell erhalten. Eckverbindungen und Maueranschlüsse konnten nicht mehr untersucht werden.
Gründung und Mauerstärke lassen durch Vergleiche mit ähnlichen Anlagen in Niedersachsen die Annahme zu, dass es sich bei dem Gebäude ursprünglich um ein mehrstöckiges Fachwerkgebäude gehandelt haben dürfte. Das Fehlen jeglicher Ziegel spricht für ein Schilf gedecktes Dach. Das Gebäude wurde auf der Hügelkuppe errichtet und an den anstehende Felsen angepasst. Spuren von Verputz lassen annehmen, dass zumindest der Steinsockel sowohl innen als auch außen gekalkte, verputze Wände besaß. Das Untergeschoß ist mit seinen ca. 25 Quadratmetern Grundfläche in etwa zwei gleich große Hälften unterteilt: Im Südwesten liegt ein tiefer gelegter, gepflasterter Bereich mit Sickergrube. Ein einschaliges Trockenmauerwerk grenzt das Pflaster von einem ca. 0,4 m höher liegenden Stampflehmboden im Nordosten ab. Reste von Becherkacheln mit gekniffenem Fuß, wie sie vom Theaterplatz in Aschaffenburg und aus Großostheim (Volksbankneubau) bekannt sind, sprechen für das Vorhandensein eines Becherkachelofens. Die Bestattung eines Hundes unter dem Stampflehmboden, sowie die wahrscheinlich bewusste Niederlegung eines neolithischen Schuhleistenkeils unter dem südlich davon anschließenden Fundament finden ihre Parallelen in der Volkskunde (Vertreibung böser Geister/Blitzschutz).
Außergewöhnlich ist das Fehlen sämtlicher Spuren, die auf eine gewaltsame Zerstörung der Anlage hinweisen. Vielmehr sprechen der geringe Fundanfall und das annähernde Fehlen von Eisen, sowie die historischen Rahmenbedingungen dafür, dass die Anlage ausgebaut (Periode 2) und danach systematisch abgebaut und aufgegeben wurde, wobei alles Verwertbare noch anderweitig Verwendung fand.
In ca. 0,5 m Tiefe konnten in der NNO-Kante des Plateaus die Reste eines Grubenhauses dokumentiert werden. Es wurde in den aufgefüllten, sandigen Lehm eingetieft. Nach NNO reichte es bis etwa einen Meter an die Hangkante heran. Der Innenraum weist vier tiefe Pfostenlöcher auf, welche zur Dachkonstruktion gehört haben dürften. Die Pfostenlöcher sind z. T. noch tief gegründet erhalten. Sie lassen sich wegen der Größe der Grabungsschnitte nicht zu einem sinnvollen Grundriss ergänzen. Schräg in die Erde getriebene Stakenlöcher, sowie die Reste eines Webgewichts legen nahe, dass in dem Grubenhaus ein Webstuhl stand. Das Gebäude ist damit dem Wirtschaftsbereich des Burgstalls zuzuweisen. Die Spuren weiterer Wirtschaftsgebäude konnten nicht nachgewiesen werden.
Ebenfalls der Periode 1 zuzurechnen ist ein im Jahre 2005 dokumentierter Befund, der nach derzeitigem Dafürhalten als die linke Wange eines Burgtores angesprochen werden kann. Zur Anlage der bis zu 1,1 m mächtigen, zweischaligen Mauern hob man dabei Fundamentgruben aus, die bis auf den natürlichen Felsen reichen. Die darüber lagernde Schicht aus sandigem Lehm wurde dabei durchstoßen. Die parallel zur Hangkante, nach Nordwesten verlaufende Mauer war nur noch im Fundamentbereich nachzuweisen. Starke Erosion hatte an dieser Stelle zu einem weitgehenden Substanzverlust geführt. In anderen Bereichen war die Mauer noch bis in eine Höhe von zehn Lagen erhalten. Zwischen der untersten Lage und den darüber liegenden Steinen war ein leichter Fundamentabsatz zu erkennen.
Als Baumaterial diente der ortsansässige Fels. Zugerichtete Sandsteinquader ohne direkten Befundzusammenhang mit der Torwange lassen vermuten, dass markante Bereiche ursprünglich zusätzlich mit vom Findberg bei Haibach herantransportierten und nachträglich vor Ort endgültig zugerichteten Sandsteinen besetzt waren. Ebenfalls ortsfremd ist eine 1,1 m lange und 0,5 m breite Sandsteinplatte, die sich im Bereich der Torwange fand. In ihren Abmessungen entspricht die Platte einer Türschwelle bzw. einem Türsturz. Allerdings fällt auf, dass es sich um ein nur grob zugerichtetes Werkstück handelt. Vermutlich erwies sich dieses zur weiteren Bearbeitung als untauglich und wurde daraufhin für die Befestigung der Torrampe verwendet. Der Rohling wurde in die Rekonstruktion der Fundamente des Wohnturms integriert.
Die ortsansässigen Steine waren hingegen nur grob zugehauen. Im Gegensatz zum Fundament des Wohnturms waren die Mauern der linken Torwange als dicke, zweischalige Trockenmauern aufgeführt. Als Bindemittel fand ein stark mit Lehm versetzter Sand Verwendung.
Das Steinmaterial der Perioden 1 und 2 ist gleicher Herkunft. Unterschiede in der Mauerstruktur bezüglich Größe, Form und Schichtung der Außenwangen sowie in der Struktur des Mauerkerns sind nicht feststellbar. War das vermörtelt aufgeführte Mauerwerk des Wohnturms außen wie innen mit einem weißen Glattverputz versehen, so fehlen entsprechende Nachweise im Bereich der Torwange völlig. Eine weitere Auffälligkeit aller auf der Ketzelburg aufgedeckten Mauern ist das vollständige Fehlen von Baufugen. Aufgrund der oft nur noch in wenigen Lagen erhaltenen Mauern ist nicht mehr zu entscheiden, ob man dabei nachträgliche An- und Umbauten mit älterem Mauerwerk verzahnt hat.
Über die Konstruktion und das Aussehen des Tores lassen sich aufgrund der vorhandenen Reste nur Vermutungen anstellen. Wahrscheinlich handelte es sich um ein steinernes Tor mit eingebogenen Mauerenden. Reste eines auf den Steinmauern sitzenden, hölzernen Torturms konnten nicht nachgewiesen werden. Gleiches gilt für Einbauten, die auf das Vorhandensein eines Tores schließen lassen. Dennoch spricht vieles für ein trocken gemauertes Zangentor mit Torkammer, das in eine hölzerne Palisade bzw. in eine mit einer schwachen Steinstückung unterfütterten Trockenmauer eingebunden war.
Ein direkter Zusammenhang zwischen dem Wohnturm und dem Torbau lässt sich aufgrund der starken Abtragungen mithilfe anlagernder Schichten leider nicht herstellen. Andererseits spricht die Keramik in der Art der Seligenstädter Ware aus den rechts der Torwange anschließenden Verfüllungen der Torrampe für eine zeitliche Übereinstimmung. Eindeutig hingegen ist die bei den Ausführungen zu Periode 2 noch näher zu erläuternde Zusetzung des Tordurchlasses durch eine hölzerne Palisade, einhergehend mit der von einem Baukörper unbekannter Funktion überlagerten, massiven Verfüllungen der Torrampe.
Zu vermerken wäre noch ein schmaler, nach Nordosten weisender Mauerzug, der im rechten Winkel von der nach Nordosten weisenden, hangseitigen Mauer abzweigt. Dieser unterscheidet sich durch seine hochkant gestellten, nur bis zu faustgroßen Fundamentsteinen ganz erheblich von der ansonsten sehr gründlichen Fundamentierung der Torwange. Es liegt nahe, hier die letzten Spuren einer ansonsten vollständig der Erosion zum Opfer gefallenen, unmittelbar innen an die Torwange anschließenden Bebauung zu denken. In Ermangelung weiterer Bebauungsreste erweisen sich weitergehende Vermutungen über die Innenbebauung an dieser Stelle als sehr hypothetisch. Eine Datierung des schmalen Mauerzuges in die Periode 1 ist einerseits aufgrund der Keramik der anlagernden Schichten, andererseits aufgrund der direkten Anbindung an die linke Torwange gegeben.
Eine weitere Struktur lässt sich bei einer Datierung der linken Torwange in die Periode 1 auch ebendieser Periode zuweisen. Dabei handelt es sich um einen schmalen, steingefassten Kanal . Mit seinem Gefälle nach NNW, sowie seinem direkten Anschluss an die linke Torwange erscheint eine Interpretation als Entwässerungsgräbchen sinnvoll. Inwieweit dieses in einer nordwestlich anschließenden Filterzisterne mündete, müsste noch archäologisch geklärt werden.
Periode 2
Eine sandige Lehmschicht, die die Reste eines Grubenhauses überlagert, kann der Periode 2 zugewiesen werden. Die zweite Bauphase auf der Ketzelburg ließ sich weiterhin im Bereich des verfüllten Tordurchlasses sowie in der Verfüllung des Burggrabens deutlich herausarbeiten. Die Differenzierung im Bereich des Burggrabens wurde bereits ausführlich bei der Periode 1 dargelegt.
In allen Fällen, bei denen eine klare Abgrenzung vorliegt, gelingt diese jedoch nicht Hilfe der in den Schichten enthaltenen Keramik. Gefäßtypen, Randformen und Dekore waren in Periode 1 und 2 deckungsgleich. Dies legt wiederum die Vermutung nahe, dass zwischen Periode 1 und 2 eine, wenn überhaupt, nur unwesentliche Zeitdifferenz bestanden haben dürfte.
Im Falle eines trapezförmigen Fundamentes zeigt sich, dass die Periode 2 eindeutig eine Umbauphase war und nicht die Auflassung des Burgstalls mit sich brachte. So verfüllte man nach Aufgabe des Burgtores die nun funktionslos gewordene Torrampe mit dünnen Lagen sandigen Tons. Dieser Auftrag hat eine durchschnittliche Stärke von 0,7 m. Der Wasser abweisende Auftrag, der ursprünglich unmittelbar an die linke Torwange anband, erhält dadurch seine außerordentliche Festigkeit und diente als ideale Unterlage für ein trapezförmiges Fundament aus einschaligem, hinterfüttertem Trockenmauerwerk. Mindestens zwei Treppenstufen führten ursprünglich in einen schmalen, eingetieften, gangartigen Raum mit einem Stampflehmboden, der sich, allem Anschein nach, nach Südosten zur Wallkante hin öffnete. Eine Ansprache als Heizanlage, wie sie zeitgleiche Befunde aus dem Ostseeraum nahe legen, ist nicht möglich, da keinerlei Verrußung bzw. Massierung von Holzkohleeinträgen beobachtet werden konnte. Insbesondere die genaue Ansprache eines ortsfremden Sandsteins, der an fünf Seiten massive Abriebspuren aufweist, kann bei einer genaueren Bearbeitung die Frage nach der ursprünglichen Funktion der Anlage beantworten.
An der Hangkante im Bereich der ehemaligen Torrampe hatte man unmittelbar nach Aufgabe des Tores ein 0,5 m breites und noch in eine Tiefe von 0,4 m nachweisbares Pfostengräbchen angelegt. Das Gräbchen bindet nicht an die linke Torwange an, sondern verläuft knapp vor dieser. Aufgrund starker Erosion war es leider nicht möglich, dem Verlauf des Gräbchens weiter in Richtung Nordwesten zu folgen. Eine Grube unmittelbar hinter dem Gräbchen könnte im Zusammenhang mit einer zusätzlichen Stabilisierung der Holzpalisade stehen, die in der Periode 2 an dieser Stelle errichtet wurde. Spuren einer solchen, mit bis zu kopfgroßen Steinen justierten Palisade zeichneten sich deutlich im Profil ab. Aufgrund des Schichtenverlaufes kann das Palisadengräbchen dort eindeutig der Periode 2 zugerechnet werden.
Zwischen der Periode 2 und der spätmittelalterlichen Periode 3 liegt als klare Trennung ein Zerstörungshorizont, der aufgrund des völligen Fehlens einer Brandschicht von einer systematischen Auflassung der Anlage zeugt.
Periode 3
Die dritte Bebauungsphase des Burghügels konnte nur in der Grabungskampagne 2004 archäologisch erfasst werden. Sie lässt sich in Form von Planierungsschichten greifen. Die enthaltene Keramik eine klare Abgrenzung zu den älteren Befunden aus den Perioden 1 und 2. Fragmente von vergleichsweise hart gebrannter, reduzierend gebrannter Irdenware können durch Vergleiche mit Keramiken von den Ausgrabungen Alzenau, Sammlung Kempf, Aschaffenburg, Theaterplatz sowie Partenstein, Burg Bartenstein an das Ende des 14. Jahrhunderts datiert werden.
Wie bereits erwähnt, lässt sich archäologisch schon für die Periode 1 das Bemühen dokumentieren, die Felsformation durch massiven Erdauf- bzw. -abtrag in eine möglichst große Plattform zu verwandeln. Mit der am Ende des 14. Jahrhunderts nachweisbaren, letzten derartigen Planierung sollte die zu diesem Zeitpunkt höchstwahrscheinlich unbebaute Anlage möglicherweise wieder einer kontinuierlichen Besiedlung zugeführt werden. Das Fehlen jeglicher Bebauungsspuren könnte als Hinweis darauf verstanden werden, dass dieses Unterfangen schon bald wieder aufgegeben wurde.
Periode 4
Die Periode 4 umfasst die neuzeitliche Nutzung des Burghügels seit dem 17. Jahrhundert. Aus dieser Zeitspanne liegt eine Reihe von zeitlich kaum näher einzugrenzenden Schurfstellen vor, die im gesamten Burgbereich angetroffen werden konnten. Soweit erkennbar wurde dadurch die tiefer liegenden Befunde aus der Phase 1 und 2 nicht gestört.
Der Periode 4 gehört außerdem eine nachträgliche Befestigung der Grabensohle an. Aus dieser Verfüllung stammen vornehmlich Fragmente von innen braun oder gelb glasierten Henkeltöpfen, die sich mit ihren fingerdicken, leicht abgerundeten Rändern an das Ende des 17. bzw. ins 18. Jahrhundert datieren lassen. Vergleichbare Keramik stammt ansonsten ausschließlich aus der humosen Deckschicht. Sie steht in unmittelbarem Zusammenhang mit der Bewaldung der Anlage. Die Fragmente von Gefäßen aus glasierter Irdenware lassen vermuten, dass zu diesem Zeitpunkt die besagte Humusschicht bereits existierte. Demnach war das Gelände im 18. Jahrhundert bewaldet. Eine agrarische Nutzung ist aufgrund der vergleichsweise dünnen Humusdecke, sowie aufgrund des völligen Fehlens von Pflugspuren derzeit auszuschließen.
Rezente Keramik (Steingut und Porzellan), sowie Scherben von Bierflaschen incl. der dazugehörigen Bügelverschlüsse zeugen von einer extensiven Nutzung der Anlage in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts bis in unsere Tage.
Harald Rosmanitz, Partenstein 2006 u. 2015