Durch den sehr kalkreichen Boden haben sich auf dem Kugelberg auch kleine Knochenfragmente erhalten. Primär handelt es sich bei den geborgenen Knochenfragmenten um Speiseabfälle, wobei Schwein dominiert. Auf dem Kugelberg konnte im Jahre 2018 darüber hinaus mehrere bearbeitete Knochen- und Geweihfragmente gefunden werden.

Besondere Beachtung verdient dabei ein fragmentierter Langzinkenkamm. Er konnte aus Schnitt 3 geborgen werden. Um einen Langzinkenkamm herzustellen, musste der Knochen um die Gelenkenden des Mittelfuß- bzw. Mittelhandknochens eines Rindes von Fleisch und Sehnen befreit werden. Danach wurde er durch Kochen entfettet, ein Gelenkende abgeschlagen und in Längsrichtung aufgesägt. Die verbliebene äußere Rundung wurde mit dem Ziehmesser geglättet. Nach der Politur konnte man die langen Zinken einsägen. Das Griffstück konnte anschließend noch durchbohrt werden.

Fragment eines Langzinkenkamms vom Kugelberg bei Goldbach, Goldbach (?), zweites Drittel 12. Jahrhundert, Fz.-Nr. 157, H. 12,2 cm, Br. 3,4 cm

Bislang ist die Forschung uneins, welchen Zweck die Langzinkenkämme ursprünglich hatten. Am ehesten dürften die Langzinkenkämme bei der Textilverarbeitung zum Anschlagen und Auskämmen von Wolle und Fäden zum Einsatz gekommen sein. In jedem Fall waren sie leicht herzustellen, und das Rohmaterial fiel in größeren Mengen an.

Die Mehrzahl der bislang publizierten Langzinkenkämme lassen sich in die zweite Hälfte des 12. und in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts datieren. Mit dem Kamm vom Kugelberg, dem sich ähnlich gearbeitetete Kämme von Alten Schloss in Kleinwallstadt, von der Burg Wahlmich bei Waldaschaff, von der Burg Bartenstein bei Partenstein sowie vom Gotthardsberg bei Amorbach gegenüberstellen lassen, hätten wir demnach einen vergleichsweise frühen Vertreter dieser Fundgattung vor uns.

Die zahlreichen Geweihfragmente lassen darauf schließen, dass der Herr der Kugelburg Jagdrechte innehatte, die es ihm erlaubten, Wild zu jagen. Die Geweihe des erlegten Wilds dienten wohl in erster Linie der Dekoration (Trophäen), in einem Fall ist auf der Kugelburg jedoch die Bearbeitung eines Geweihfragments nachgewiesen. Somit darf auch für den Kugelberg, ähnlich wie auf dem Alten Schloss bei Kleinwallstadt, der Burg Wahlmich bei Waldaschaff und auf der Burg Bartenstein bei Partenstein eine knochenverarbeitende Werkstatt angenommen werden.

Die Hirschgeweihe sind zudem hinsichtlich des sozialen Status des Burgherrn von großem Interesse. Nur bestimme Adelskreise waren in der Lage und rechtlich dazu befugt, entsprechendes Hochwild bejagen zu dürfen. Die an den Geweihen anhaftenden Schädelfragmente zeigen, dass es sich bei den auf der Kugelburg gefundenen Geweihteilen nicht um zusammengelesene Abwurfstange handelt, sondern um tatsächlich jagdlich erlegtes Hochwild. In Entsprechung zu den Fundkonvoluten aus den oben genannten Burgen gelingt auch für die Kugelburg der Nachweis, dass die Anlage zumindest temporär für die hochherrschaftliche Jagd im Spessart eine zentrale Rolle gespielt haben dürfte.

Weiterführende Literatur:

Betty Arndt u. Andreas Ströbl, Abfälle eines Knochenschnitzers im hochmittelalterlichen „gutingi“. Archäologie in Niedersachsen 8, 2005, S. 45-49.
Andreas König, Die archäologischen Funde der Rathausgrabung in Höxter aus den Jahren 1988 bis 1992, in: Georg Ulrich Großmann (Hg.), Das Rathaus in Höxter. Schriften des Weserrenaissance-Museums Schloß Brake 7 (München/Berlin 1994), S. 186-189.
Doris Mührenberg, Archäologische Belege für das Handwerk in Lübeck, in: Ralph Röber (Hg.), Von Schmieden, Würflern und Schreinern. Städtisches Handwerk im Mittelalter. ALManach 4 (Stuttgart 1999), S. 48f.
Stefan Teuber u. Andreas Heege, Knochenschnitzer und Kammacher, in: Andreas Heege, Einbeck im Mittelalter. Eine archäologisch-historische Spurensuche. Studien zur Einbecker Geschichte 17 (Oldenburg 2002), S. 300-303.
Ingrid Ulbricht, Die Verarbeitung von Knochen, Geweih und Horn im mittelalterlichen Schleswig. Ausgrabungen in Schleswig. Berichte und Studien 3 (Neumünster 1984), S. 17-36.


© Harald Rosmanitz, Partenstein, 2019