Im Inneren der Oberburg konnten zwischen 2006 und 2010 mehrere fragmentierte Langzinkenkämme geborgen werden. Diese Art von Kämmen wurde so hergestellt, dass man von den gereinigten und gekochten Mittelfußknochen von Rindern eines der Gelenkenden abtrennte. Der Knochen wurde dann in Längsrichtung aufgesägt, die flachere Hälfte mit Hilfe eines Ziehmessers und einer Säge zu einem Kamm gearbeitet. Das Griffstück konnte durchbohrt werden.

Bislang ist die Forschung uneins, welchen Zweck die Langzinkenkämme ursprünglich hatten. Die Vermutung, dass Langzinkenkämme bei der Textilverarbeitung zum Anschlagen und Auskämmen der Fäden zum Einsatz kamen, erweist sich aufgrund der rauen Zwischenräume zwischen den Zinken als kaum praktikabel. Am ehesten könnten sie als Haarkamm oder zum Aufstecken der Haartracht gedient haben.

In jedem Fall waren sie leicht herzustellen und das Rohmaterial fiel in größeren Mengen an. Dass sogar auf Burgen Knochen verarbeitet wurden, zeigen die zahlreichen Halbfabrikate und Abfallstücke, die bei den Grabungen auf der Burg Bartenstein bei Partenstein im Spessart in den vergangenen Jahren geborgen werden konnten. Weitere Langzinkenkämme sind von der Burg Wahlmich bei Waldaschaff und vom Gotthardsberg bei Amorbach bekannt. Der bislang älteste, auf Spessartburgen gefundene Langzinkenkamm stammt vom Kugelberg bei Goldbach.

Die Mehrzahl der bislang publizierten Langzinkenkämme lassen sich in die zweite Hälfte des 12. und in die erste Hälfte des 13. Jahrhunderts datieren.

Weiterführende Literatur:

Betty Arndt u. Andreas Ströbl, Abfälle eines Knochenschnitzers im hochmittelalterlichen „gutingi“. Archäologie in Niedersachsen 8, 2005, S. 45-49.
Andreas König, Die archäologischen Funde der Rathausgrabung in Höxter aus den Jahren 1988 bis 1992, in: Georg Ulrich Großmann (Hg.), Das Rathaus in Höxter. Schriften des Weserrenaissance-Museums Schloß Brake 7 (München/Berlin 1994), S. 186-189.
Doris Mührenberg, Archäologische Belege für das Handwerk in Lübeck, in: Ralph Röber (Hg.), Von Schmieden, Würflern und Schreinern. Städtisches Handwerk im Mittelalter. ALManach 4 (Stuttgart 1999), S. 48f.
Stefan Teuber u. Andreas Heege, Knochenschnitzer und Kammacher, in: Andreas Heege, Einbeck im Mittelalter. Eine archäologisch-historische Spurensuche. Studien zur Einbecker Geschichte 17 (Oldenburg 2002), S. 300-303.
Ingrid Ulbricht, Die Verarbeitung von Knochen, Geweih und Horn im mittelalterlichen Schleswig. Ausgrabungen in Schleswig. Berichte und Studien 3 (Neumünster 1984), S. 17-36.


© Harald Rosmanitz, Partenstein, 2019