Randstück eines Kugeltopfes der sogenannten Vorspessartware

Fuß eines Bechers der Vorspessartware

Wandungsstück eines bauchigen Gefäßes der Vorspessartware

Bei der bislang auf dem Gräfenberg gefundenen Keramik handelt es sich in der Mehrzahl um uneinheitlich gebrannte Irdenware aus hell brennendem Ton. Diese findet sich im gesamten westlichen Spessartvorland und ist auch unter dem Begriff „Vorspessartware“ bekannt. Fragmente aus den Töpfereien bei Alzenau und in Seligenstadt sprechen dafür, dass die Vorspessartware als lokale Produktion in erster Linie für den Eigenbedarf hergestellt wurde. Ihre Machart ist in der Regel recht grob, doch lassen sich dieser Keramik auch fein gearbeitete Stücke zur Seite stellen.

Die Übernahme von Formen von Keramik aus dem rheinländischen Pingsdorf, die in jener Zeit mit großem Gewinn entlang des Rheins und des Mains gehandelt wurde, spricht dafür, dass man sich – wenn man sich schon nicht das teure Original leisten konnte – zumindest auf den ersten Blick identische „Raubkopien“ auf die heimische Anrichte stellen wollte. Noch wissen wir nicht, wo die Keramik gefertigt wurde, die auf dem Gräfenberg in Gebrauch war.

Der größte Teil der Scherben war kleinteilig zerbrochen. Dieser Umstand und die Tatsache, dass vergleichsweise wenig Keramik aus verlagerten Schichten geborgen werden konnte, führten dazu, dass die ursprüngliche Gefäßform nicht ermittelt werden konnte. Wie im gesamten deutschen Raum, so war auch auf dem Gräfenberg um 1260 das keramische Haushaltsgeschirr recht anspruchslos. Da der Ton der Vorspessartware nur wenig natürliche Magerungsbestandteile enthält, wurden ihm künstlich Magerungszuschläge in Form von Granitgrus, Quarzkörnchen und Glimmerpartikel zugesetzt. Eine noch ausstehende Analyse dieser Zuschlagstoffe könnte dazu beitragen, das Herstellungsgebiet der Vorspessartware genauer einzugrenzen.

Sowohl bei der Zerkleinerung des Magerungsmaterials, der Aufbereitung des Tones als auch bei dessen Weiterverarbeitung wurde wenig Sorgfalt verwandt. Die Randpartien der dickwandigen Gefäße wurden zum Teil zur besseren Formgebung unter Verwendung eines Formholzes nachgedreht. Die Gefäßoberfläche hat, bedingt durch hervortretende und ausgefallene Magerungsbestandteile, einen rauen und körnigen Charakter.

Unter dem keramischen Fundgut stehen die Keramikscherben von in der Küche und an der Tafel gebrauchten Töpfen, Krügen und Bechern an erster Stelle. An Gefäßen lassen sich Kugeltöpfe (Tafel 2, Tafel 3, Tafel 4, Tafel 5, Tafel 6, Tafel 7 und Tafel 8) und Tüllenkannen (Tafel 2.5 und Tafel 9.1-2) nachweisen. Die Randausformungen der kaum untergliederten Gefäße variieren nur wenig. Bei den Rändern der Kugeltopfkeramik überwiegen mäßig bis stark ausladende, abknickende Randformen mit rundlichem oder kantig abgestrichenem Randabschluss . Daneben treten steilgestellte bis mäßig ausladende, rundlich umbiegende Ränder mit rundlichem oder abgestrichenem Randabschluss sowie schlichte hohlgekehlte Ränder auf. Handhaben sind durch unterrandständige Ösenhenkel vertreten (Tafel 2.5 und Tafel 9.1). Ausgießvorrichtungen in Form von Tüllen weisen auf Kugelkannen hin. Verzierungen waren nicht nachweisbar. Der Anteil der Kugeltopfwaren an der Geschirrkeramik liegt in Rottenberg bei über 90 Prozent.

Dass die Gefäße vorwiegend als Vorrats- oder Kochtöpfe eingesetzt wurden, belegen Rußspuren auf der Außenwandung. Tüllenkannen und ein stark gerippter Trinkbecher (Tafel 8.5) legen nahe, dass das Geschirrrepertoire auch Schank- und Trinkgefäße enthielt. Den Schankgefäßen zuzuweisen sind auch Böden mit Standringen (Tafel 8.3-4). Die poröse, wasserdurchlässige, aber sehr hitzebeständige Irdenware diente als Kochgeschirr. Kugeltöpfe, die unmittelbar in die Glut bzw. ans Feuer gesetzt wurden, eigneten sich besonders zum Kochen von Eintöpfen und Brei. Die rundlich geschlossene Form speichert die Hitze sehr gut und führt zu erstaunlich kurzen Garzeiten.

Spätestens in der Mitte des 13. Jahrhunderts änderten sich im westlichen Spessart die Gefäßformen grundlegend. Sie lassen sich vergleichsweise leicht von der älteren Vorspessartware unterscheiden. Besonders augenfällig ist dieser Wandel in den nun umgeschlagenen, scharf profilierten Rändern. Die bis dahin gebräuchlichen linsenförmigen Böden (Tafel 6.2-3) werden durch glatt abgestrichene Böden (Tafel 6.4-5, Tafel 7, Tafel 8.1-2) ersetzt. Der weiß brennende Scherben erhält im reduzierenden Brand eine grau schimmernde Oberfläche. Hinzu treten im Scherben gräulich bis schwarze Keramiken sowie Töpfe bei denen ein orangerot bis dunkelrot brennender Ton zum Einsatz kam.

Dass auch auf dem Gräfenberg solche Scherben „neuer Machart“ nachgewiesen werden können, lässt Rückschlüsse auf den Zeitpunkt der Besiedlung der Burgstelle zu. Er kann in das zweite Drittel des 13. Jahrhunderts gelegt werden.