Naturräumliche Einheiten in der Umgebung von Kleinwallstadt. Karte: Spessart-GIS

Naturräumliche Einheiten

Der Ort Kleinwallstadt liegt im Maintal zwischen den Städten Aschaffenburg und Miltenberg, welche markante Punkte des Mainlaufes im westlichen Mainviereck besetzen. Beide Städte haben zentralörtliche Funktion als Ober- und Mittelzentrum und sind Verwaltungssitz der gleichnamigen Landkreise. Der Ort Kleinwallstadt gehört administrativ zum (nördlichen) Landkreis Miltenberg, liegt allerdings nur 15 km von Aschaffenburg entfernt und damit 10 km näher an diesem Regionalzentrum als zur Kreisstadt Miltenberg. Kleinwallstadt gehört mit knapp 6000 Einwohnern zu den größeren Kommunen der Region und besitzt wie einige Nachbarorte das Marktrecht.

Die sozialen und wirtschaftlichen Verflechtungen bestehen in das Rhein-Maingebiet mit den Metropolen Frankfurt am Main, Mainz und Wiesbaden. Historisch ist dies durch die Zugehörigkeit der Region zum Erzbistum Mainz gegeben, was sich heute noch im Mainzer Rad in den Ortswappen Kleinwallstadts und der umliegenden Gemeinden ablesen lässt. Aktuell ist die günstige verkehrsgeographische Erschließung ein wesentlicher Grund für die Orientierung zum Rhein-Main-Gebiet. Der autobahnähnliche Ausbau der Bundesstraße 469, die linksmainisch verläuft und bei Stockstadt an die Autobahn A3 anschließt, sowie die Eisenbahnlinie Miltenberg-Aschaffenburg (Maintalbahn), die in Aschaffenburg an die ICE-Strecke Frankfurt-Würzburg anknüpft, sind für die großen Pendlerströme in den Rhein-Main-Ballungsraum verantwortlich. Rund 31.000 Menschen pendeln täglich über diese Verkehrsachsen aus und finden im Rhein-Main-Gebiet Ihre Beschäftigung. Der Main bildet dabei eine wichtige Entwicklungsachse und ist selbst als Bundeswasserstraße wichtiger Transportweg für den überregionalen Gütertransport.

Morphologische und Quartärgeologische Karte der Umgebung Kleinwallstadts. Legende: Kreis (weiß, schwarzer Rand): Mittelterrassenschotter des Mains; kleiner Punkt (schwarz): Ältere Stufe der Unteren Niederterrasse, großer Punkt (schwarz): Untere Niederterrasse des Mains. Karte: Spessart-GIS

Morphologische Karte

Definiert man den Main als scharfe Grenze zwischen den Mittelgebirgen Spessart und Odenwald[1], so ist Kleinwallstadt aufgrund der rechtsmainischen Lage dem Spessart zuordnen. Die Geographische Landesaufnahme sieht den Mainlauf allerdings als eigenen Naturraum in verschiedenen Abschnitten innerhalb der Mittelgebirgsregion[2]. Der Mainabschnitt bei Kleinwallstadt wird nach dieser Definition nicht mehr dem unteren Maintal, sondern bereits der Untermainebene (232), konkret der Stockstadt-Elsenfelder Mainniederung (232.202) zugeordnet. Das klar definierte Maintal bis etwa in die Höhe von Obernburg-Elsenfeld weitet sich hier nach Norden hin deutlich zu einem Breittal, das schließlich in eine ausgedehnte Niederung, die Untermainebene übergeht.

Die Spessartanhöhen, die sich östlich von Kleinwallstadt mit dem Plattenberg (275 m NN) und der Kirchhöhe (280 m NN) über das Maintal erheben, werden nach der naturräumlichen Gliederung  dem Südwestlichen Sandsteinspessart zugeordnet (141.4). Diese Einteilung beruht auf der tektonischen Entwicklung dieses Gebietes, das mit der Struktur des Großwallstadt-Obernburger Grabens weitestgehend korreliert. Die bekannte Verwerfungslinie zieht in herzhynischer Richtung von Großwallstadt über den Kleinwallstädter Ortsteil Hofstetten nach Eichelsbach hinauf, um sich von dort in rheinischer Richtung über Eschau und Mönchberg nach Großheubach zu orientieren. Die offene, stark landwirtschaftlich geprägte Landschaft geht auf die beckenartige Morphologie zurück, die sich zwischen den Rahmenhöhen der Maintalerhebungen und der sogenannten Eselshöhe ergibt. Dadurch entstand ein klimatischer Gunstraum, der zudem mächtigere Lößablagerungen besitzt und somit landwirtschaftlich bevorzugt wird.

Topographische Übersicht mit dem Templerhaus in Kleinwallstadt. Kartengrundlage: Topographische Karten 1 : 25 000; Landesamt für Vermessung und Geoinformation Bayern. . Karte: Spessart-GIS

Topographische Übersicht

Auch die Gebiete am Plattenberg und den angrenzenden Höhen werden von mächtigen Lößablagerungen begleitet, die heut weitestgehend unter Wald liegen. Zudem wird der Gesteinsuntergrund durch teils mächtige Verwitterungsbildungen aufgelockert, die hier als Sandstein-Saprolit bezeichnet wurden.[3] Die Verwitterungsbildungen gehen auf die tiefgründige chemische Verwitterung zur Zeit des Tertiärs unter tropenähnlichen Bedingungen zurück, die in der Umgebung Kleinwallstadts noch erhalten sind. Der oberflächennahe Untergrund wird somit aus mächtigeren Lockersubstraten über festem, rotfarbenem Sandstein aufgebaut, die unter eiszeitlichen und teils auch unter rezenten Bedingungen auch erosionsanfällig sind. Entsprechende Befunde erbrachten auch die Grabungen am Alten Schloss während der Grabungskampagnen 2006 bis 2010.[4] Der Flurgraben dürfte eine sehr frühe, evtl. mittelalterliche Bemühung darstellen, die aus dem Einzugsgebiet des Buschgrabens stammenden Wassermassen nach Starkregenereignissen abzufangen und um den Ort herum in Richtung Main zu führen. Ein zwar flacher aber flächiger Schwemmkegel beginnend ab dem heutigen Birkenhof bzw. Naturpark-Parkplatz, zeugt von der einst intensiven Sedimentfracht aus dem Talkessel des Buschgrabens in die Untermainebene. Hier laufen die Sedimente auf den eiszeitlichen Terrassenschottern aus bzw. verzahnen sich mit diesen.

Die Terrassenschotter des Mains bilden den Untergrund der gesamten Ebene, die den Anhöhen des Plattenbergs und der Kirchhöhe vorgelagert sind. Nicht nur die ausgedehnten Streuobstbestände, sondern auch die Ortslage selbst wird von Sanden und Kiesen mit zahlreichen Geröllen sowie teils eingeschalteten Tonlagen geprägt. In unterschiedlicher Mächtigkeit lagern Auelehme teils Schwemmlöß auf den Terrassenschottern. Letztere wurden bis in das Jahr 1956 abgebaut (heutige Lehmgrubenstr.) und in der örtlichen Ziegelei (Ecke Ringstraße-Schloßstraße) zu Ziegelsteinen gebrannt.

Geologische Übersicht mit dem Templerhaus in Kleinwallstadt. Legende: weiß: Holozän, beige, grau, rot, grün gepunktet: Pleistozän - Terrassen ungegliedert, Sand, Kies, Schluff, hellgelb: Pleistozän - Löß, hellbraun: Unterer Buntsandstein, dunkelbraun: Mittlerer Buntsandstein. Kartengrundlage: Topographische Karten 1 : 25 000; Landesamt für Vermessung und Geoinformation Bayern, BGR Geologische Übersichtskarte 1 : 200 000, CC 6318 Frankfurt a.M.-Ost. Legende: weiß: Holozän, beige, grau, rot, grün gepunktet: Pleistozän - Terrassen ungegliedert, Sand, Kies, Schluff, hellgelb: Pleistozän - Löß, hellbraun: Unterer Buntsandstein, dunkelbraun: Mittlerer Buntsandstein. Karte: Spessart-GIS

Geologische Übersicht

Das Templerhaus Kleinwallstadt liegt inmitten des historischen Ortskerns, benachbart zur Pfarrkirche St. Peter und Paul. In der Urkatasteraufnahme von 1844 ist für das Templerhaus die Nummer 52 eingetragen, heute gilt für das Anwesen die Adresse Marktstraße 15. Von der Marktstraße aus führen mehrere Straßen zum Main hinunter, der ca. 300 m weiter westlich im Höhenniveau von 110m über NN parallel zur Markstraße etwa in Süd-Nord-Richtung fließt.  Die Marktstraße selbst, wie auch der Großteil der Siedlungsfläche Kleinwallstadts insgesamt bewegt sich im Höhenniveau von etwa 124m über NN. Der Niveauunterschied resultiert aus dem Terrassenniveau der sogenannten Mittelterrasse gegenüber der Niederterrasse.[5] Die Marktstraße, wie auch der überwiegende Teil der Siedlungsfläche liegen auf der jüngeren Mittelterrasse, deren Entstehung der vorletzten Eiszeit zugeschrieben wird. Darin eingesenkt liegt auf entsprechend tieferem Niveau der Terrassenkörper der Niederterrasse, zu der die zahlreichen Maingassen hinunterführen. Die Mainstraße, wie auch die unteren Abschnitte der Maingassen werden episodisch von den größeren Hochwässern erfasst. Die Hochwassermarken am ehem. Wehrturm der Ortsbefestigung an der Fährstraße dokumentieren die Hochwasserereignisse in Kleinwallstadt. Die periodischen Hochwässer beschränken sich lediglich auf das Hochflutbett des Mains, das in den Mainwiesen deutlich an einer Geländekante abgesetzt ist.

Pürkhauer-Sondierungen im Gewölbekeller des Templerhauses erbrachten Hinweise auf den geologischen Untergrund. Neben einem Rest gestampften Lehms erreichte der Bohrstock umgehend die sandigen und kiesigen Sedimente der Mittelterrasse. Das Vorkommen von relativ frischem Muschelkalk-Geröll im spärlichen, von Kernverlusten gekennzeichneten Bohrkern unterstützt die Zuordnung der Sedimente zur Mittelterrasse des Mains. Eine Auelehm-Auflage konnte hier nicht festgestellt werden. Sie wurde unter Umständen bei der Gründung der Fundamente untergraben. Die Korrelation des Gebäudes mit jüngeren Sedimenten, und damit unterstützende Hinweise zur zeitlichen Stellung des Gebäudes, sind nicht möglich. Hier lieferten die Untersuchungen im südlichen Außenbereich des Templerhauses weiterführende Ergebnisse.

Weiterführende Literatur:

Jürgen Jung, Tertiärzeitliche Verwitterungsbildungen im Buntsandstein des Südwest-Spessarts und ihre eiszeitliche Aufarbeitung, Bd. 23, (Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Museums der Stadt Aschaffenburg) Aschaffenburg 2004.
Jürgen Jung, GIS-gestützte Rekonstruktion der neogenen Reliefentwicklung tektonisch beeinflusster Mittelgebirgslandschaften am Beispiel des Spessarts (NW-Bayern, SE-Hessen), Würzburg 2006.
Otto Klausing, Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 151 Darmstadt, Bd. 151, (Geographische Landesaufnahme 1) Bad Godesberg 1967.
Hubert Körber, Die Entwicklung des Maintals, Bd. 10, (Würzburger geographische Arbeiten) Würzburg [Bindeeinheit]1962.
Emil Meynen, Josef Schmithüsen, Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands, Bad Godesberg 1956.
Brigitte Schwenzer, Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 139 Frankfurt am Main, Bd. 139, (Naturräumliche Gliederung Deutschlands) Bad Godesberg 1967.
Jürgen Siebert, Der Spessart. Eine landeskundliche Studie, Breslau 1934.


Anmerkungen:

[1] Jürgen Siebert, Der Spessart. Eine landeskundliche Studie, Breslau 1934.

[2] Emil Meynen, Josef Schmithüsen, Handbuch der naturräumlichen Gliederung Deutschlands, Bad Godesberg 1956.;Otto Klausing, Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 151 Darmstadt, Bd. 151, (Geographische Landesaufnahme 1) Bad Godesberg 1967.; Brigitte Schwenzer, Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 139 Frankfurt am Main, Bd. 139, (Naturräumliche Gliederung Deutschlands) Bad Godesberg 1967.

[3] Jürgen Jung, Tertiärzeitliche Verwitterungsbildungen im Buntsandstein des Südwest-Spessarts und ihre eiszeitliche Aufarbeitung, Bd. 23, (Mitteilungen des Naturwissenschaftlichen Museums der Stadt Aschaffenburg) Aschaffenburg 2004; Jürgen Jung, GIS-gestützte Rekonstruktion der neogenen Reliefentwicklung tektonisch beeinflusster Mittelgebirgslandschaften am Beispiel des Spessarts (NW-Bayern, SE-Hessen), Würzburg 2006.

[4] Harald Rosmanitz, Burgenforschung im Spessart. Das „Alte Schloss“ in Kleinwallstadt, in: Beiträge zur Archäologie in Unterfranken (2009), S. 243–286.; Christine Reichert, Harald Rosmanitz, Das „Alte Schloss“ bei Kleinwallstadt am Untermain, in: Georg Ulrich Großmann (Hg.), Die Burg zur Zeit der Renaissance (Forschungen zu Burgen und Schlössern Bd. 13), Berlin; München 2010, S. 213–225.

[5] Hubert Körber, Die Entwicklung des Maintals, Bd. 10, (Würzburger geographische Arbeiten) Würzburg 1962.


Jürgen Jung, Kleinwallstadt 2013