Ohne Axt kein Fachwerk

Eine Breitaxt aus Stubach zeigt, dass auch für den Hausbau spezielle Werkzeuge gebraucht wurden. Dem Befund nach waren die Häuser dort in Fachwerktechnik errichtet. Eine solche Holzrahmenkonstruktion bildete das „Skelett“ eines Hauses. Die offenen Felder des Fachwerks wurden mit Lehm verstrichen. Das klimafreundliche und energetische Bauen solcher Wohn- und Stallgebäude mit Holz und Lehm hält die Konstruktion winters im Innenraum warm. Im Sommer heizen sich die Hauswände nur so stark auf, dass das Rauminnere angenehm kühl bleibt. Hatte man geeignete Baumstämme für das Fachwerk geschlagen, mussten die runden Hölzer zu Kanthölzern weiter verarbeitet werden. Hierbei kam die Breitaxt zum Einsatz. Ihre breite, bogenförmige Schneide ist bartförmig ausgeschmiedet. Der Gebrauch von teuren und zerstörungsanfälligen Sägen ist für das Mittelalter hingegen kaum zu erwarten.

Die Vorteile einer Fachwerkkonstruktion liegen in ihrer vergleichsweise einfachen Fertigung mit lokalen Rohstoffen und ihrer Klimatauglichkeit. Darüber hinaus benötigt ein in sich verzapftes Fachwerk kein aufwändiges Fundament als Auflager. Das auflastende Dach war vergleichsweise leicht. Es bestand entweder aus Schindeln oder war reetgedeckt. Die Ortsplanung dürfte im Mittelalter ähnlich ausgesehen haben wie heute: während die Menschen in der Stadt auf engstem Raum nahe beieinander wohnten, konnte auf dem Land ein gebührender Abstand zum Nachbarn eingehalten werden.

Das Vorhandensein einer Breitaxt in Stubach setzt uns nicht nur über die Stubacher Fachwerkhäuser in Kenntnis, deren Existenz durch Fundamente und Fachwerklehm hinlänglich belegt ist. Wir erfahren durch das Artefakt zusätzlich, dass die entsprechenden Balken auch direkt an der Baustelle in die notwendige Form gebracht wurden. Es dürfte sich also ein Forst in der Nähe der mittelalterlichen Siedlung befunden haben, aus dem die Gemeinde Holz für ihre Bauwerke bezog.

Eine restaurierte, vollständig erhaltene Breitaxt aus Elisabethenzell gibt uns eine gute Vorstellung davon wie die Stubacher Breitaxt ursprünglich ausgesehen haben dürfte.


© Irina Galina und Harald Rosmanitz, Partenstein, 2020