In den Laufhorizonten des Burginneren und des Zwingers sowie in der Brandschicht des Hauses südwestlich der Burg Hauenstein lag ein größeres Sortiment unterschiedlicher Keramiken. Dabei besteht ein Verhältnis von unglasierter Keramik zu glasierter Keramik von etwa zwei zu eins. Als Sonderformen sind Signalhörner und Spinnwirtel anzusprechen. Von den Keramiken aus älteren, im Spessart ergrabenen Burgen, Klöstern oder Siedlungen unterscheidet sich dieses durch sein reichhaltiges Formenrepertoire. Auch die Oberflächenbeschaffenheit variiert von unglasiert über engobiert bis zu glasiert.

Im ausgehenden 14. Jahrhundert belieferten überregionale Töpfereien in Dieburg und Aulendiebach bei Büdingen auch den Kahlgrund mit ihren Produkten. Dieser Trend zeichnet sich auch an dem hier vorgestellten keramischen Inventar ab.

Die früheste für die Burg Hauenstein nachgewiesene Keramik kann der sogenannten „Vorspessartware“ aus hell brennendem Ton zugeordnet werden.1 Wie einige andere Warenarten, enthält die Bezeichnung „Vorspessartware“ bereits einen Hinweis auf die Herkunft beziehungsweise das Verbreitungsgebiet: der Bereich westlich des Spessarts und an dessen westlichem Rand. Die Vorspessartware zeichnet sich besonders durch ihren Glimmergehalt aus. Dieser variiert in den Gefäßfragmenten von kaum sichtbar bis hin zu vielen, deutlich erkennbaren Partikeln. Der verwendete Ton selbst ist eisenarm und daher hell brennend. Aufgrund der geringen natürlichen Magerung wird der Rohstoff, meist mit groben Materialien, wie zum Beispiel Quarzkörnen oder Granitgruß gemagert. Die vorwiegend dickwandigen Gefäße erhielten, vermutlich auf einer langsam drehenden Drehscheibe, größtenteils durch ein Formholz geformte Ränder. Ab und zu können auch Gefäße beobachtet werden, die offensichtlich frei aufgebaut und nachgedreht wurden. Verzierungen der Gefäße sind eher selten. Wenn vorhanden, so handelt es sich meist um ein einfaches, flaches Wellenband, oder in Einzelfällen um Rollrädchen-Dekor. Die Oberfläche der Gefäße ist meist unregelmäßig und eher selten glatt. Durch die groben Magerungspartikel, welche ab und zu ausgefallen sind oder aus der Wandung hervortreten, wirkt die Gefäßoberfläche rau und stumpf. Besonders bei den Bodenfragmenten lassen sich häufig Poren feststellen. Die in der Literatur genannten glatt abgestrichenen Böden können mehrheitlich als leicht ausgeprägte Linsenböden identifiziert werden. Auch das Zuschneiden der Böden durch ein Messer kann nachgewiesen werden. Das Farbspektrum der Scherben reicht von überwiegend Grau- und Brauntönen bis hin zu beige und orange. Daraus lässt sich ableiten, dass meist reduzierend, aber teilweise auch oxidierend gebrannt wurde. Einige Fragmente weisen jedoch eine fleckige Färbung auf, was darauf hindeutet, dass die Brennatmosphäre schwer zu kontrollieren war.

Ansonsten entspricht das keramische Inventar mit den vielgestaltigen Funktionskeramiken wie Fettfängern oder Dreibeinen dem Tafel- und Küchengeschirr des ausgehenden 14. Jahrhunderts, wie wir es in vergleichbarer Form von der Burg Mole in Heimbuchenthal2 oder aus der Latrine in den Museen der Stadt Miltenberg3 kennen. Im Gegensatz zu dem keramischen Inventar dieser Zeitstufe aus der Burg Bartenstein bei Partenstein (Periode 4)4 stehen die Keramiken nicht in der Tradition der reduzierend gebrannten Kugeltöpfe des östlichen Spessarts. Formal hat sich das für die Burg Hauenstein belegte keramische Inventar aus den Formen des Rhein-Main Gebietes entwickelt. Als Vergleichsformen sei auf die keramische Tradition von Frankfurt am Main,5 auf den Hof Goldstein bei Frankfurt am Main6 sowie auf die Keramiken bei Worms7 verwiesen. Unglasierte Kochtöpfe und Becher sowie Flaschen mit Siebeinsatz weisen durchweg glatt abgestrichene Böden bzw. Standfüße auf. Der hohe Anteil an Deckeln weist auf deren regelmäßigen Einsatz hin. Der Anteil reduzierend gebrannter Gefäße entspricht demjenigen der oxidierend gebrannten. Die meist mittelhart bei 800° C gebrannten Töpfe sind in der Mehrzahl unglasiert und grob quarzgemagert. Sie vermischen sich im Fundgut mit gelb- und grünglasierter Ware, die vornehmlich im damals kurmainzischen Dieburg gefertigt worden sein dürfte. Als weiterer Produktionsort für härter gebrannte und damit nicht mehr so wasserdurchlässige Keramiken kommt der südliche Vogelsberg als Produktionszentrum in Frage. So ließ sich beispielsweise bei der Untersuchung der Wüstung Stubach bei Steinau an der Straße8 die Produktion von einhenkeliger Flaschen mit keramischen Siebeinsatz und gekniffenem Wellenfuß belegen. Diese zentralörtlich nördlich des Spessarts gefertigte Keramik ist sowohl für die Burg Bartenstein bei Partenstein als auch für die Mole bei Heimbuchenthal, die Burg Wildenstein bei Eschau, den Gotthardsberg bei Amorbach sowie für den Klosterberg bei Hösbach-Rottenberg belegt.

Die Flasche mit Siebeinsatz steht am Übergang zu den ebenfalls regional gefertigten Protosteinzeug. Diesem sind beutelförmige Kreusen mit Wackelboden und trichterförmiger Mündung in der Art Aulendiebacher Fertigung9 zuzuweisen. Als Schank- und Trinkgefäße gehören der Gruppe weiterhin getauchte Kannen und Becher Dieburger Fertigung an. Vergleichsweise selten und auf die Siegburger Produktion beschränkt sind Importe aus Steinzeug. Hier dominiert der Trichterbecher mit Wellenfuß und charakteristischer trichterförmiger Mündung.


Weiterführende Literatur:

Georg Büttner, Marcus Jae, Hermann Neubert, Archäologie unter dem Museum. Eine mittelalterliche Latrine in Miltenberg, in: Das Archäologische Jahr in Bayern 2009 (2010), S. 166–168

Mathilde Grünewald, Lothar Bakker, Unter dem Pflaster von Worms. Archäologie in der Stadt, Lindenberg im Allgäu 1. Aufl.2012

Antje Kluge-Pinsker, Der befestigte Hof Goldstein bei Frankfurt a. M. – Niederrad. Von seinen Anfängen bis zur Zerstörung im Jahre 1552, in: Egon Wamers (Hg.), Frankfurter Beiträge zur Mittelalter-Archäologie I. Mit Untersuchungen zu frühmittelalterlichen Funden aus Mainz, zur Justinuskirche in Frankfurt am Main-Höchst und zur Burg Goldstein in Frankfurt am Main-Niederrad, Bonn 1986, S. 117–248.

Christof Krauskopf, Becher, Töpfe, Kacheln. Spätmittelalterlicher Töpfereiabfall aus Aulendiebach bei Büdingen, in: Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters 2005, S. 253–258

Christoph Krauskopf, Die mittelalterliche Töpfereitradition in Aulendiebach, in: Büdinger Geschichtsblätter (1995/1996), S. 305–311

Stefanie Müller, Harald Rosmanitz, Neue Erkenntnisse zu mittelalterlicher ländlicher Siedlung am Übergang vom Spessart zum Vogelsberg. Die Wüstung Stubach bei Ulmbach, Stadt Steinau an der Straße, im Main-Kinzig-Kreis, in: hessenArchäologie 2015 (2016), S. 154–156

Harald Rosmanitz (Hg.), Die Ketzelburg in Haibach. Eine archäologisch-historische Spurensuche, Neustadt a. d. Aisch 2006

Harald Rosmanitz, Burgenforschung im Spessart. Das „Alte Schloss“ in Kleinwallstadt, in: Beiträge zur Archäologie in Unterfranken (2009), S. 243–286

Harald Rosmanitz, Die Niederungsburg „Mole“ bei Heimbuchenthal im Spessart, in: Georg Ulrich Großmann (Hg.), Die Burg zur Zeit der Renaissance (Forschungen zu Burgen und Schlössern Bd. 13), Berlin, München 2010, S. 227–240.

Harald Rosmanitz, Heimbuchenthal, Lkr. Aschaffenburg, Burgstall Mole. Maßnahmen-Nr. M-2008-168-1 und -2. Archäologische Untersuchungen, Mai bis Juli 2008 und Mai bis Juli 2009. (masch. Manuskript), Partenstein 2012

Harald Rosmanitz, Sabrina Bachmann, Michael Geißlinger, Partenstein, Lkr. Main-Spessart, Burg Bartenstein, Maßnahmen-Nr. M-2016-1339-1 und 2_0. Archäologische Untersuchungen Juli bis November 2016 sowie Mai bis August 2017. (Masch. Manuskript), Partenstein 2019

Harald Rosmanitz, Sabrina Bachmann, Christine Reichert, Partenstein, Lkr. Main-Spessart, Burg Bartenstein. Ausgrabungen 2004 bis 2009. Fst. Nr. 5923/023 und 2007-52601, 0-3. (masch. Manuskript), Partenstein 2016

Magnus Wintergerst, Hoch- und spätmittelalterliche Keramik aus der Altstadt Frankfurt am Main, Bd. 18,1, (Schriften des Archäologischen Museums Frankfurt) Frankfurt am Main 2002

Bianca Zürner, Die Vorspessartware. Typologie, Chronologie und Kontext am Beispiel der Burg Wahlmich bei Waldaschaff. (masch. Masterarbeit), Freiburg i. Br. 2018


© Harald Rosmanitz, Partenstein, 2020

  1. Mathilde Grünewald, Lothar Bakker, Unter dem Pflaster von Worms. Archäologie in der Stadt, Lindenberg im Allgäu 1. Aufl.2012.; Harald Rosmanitz (Hg.), Die Ketzelburg in Haibach. Eine archäologisch-historische Spurensuche, Neustadt a. d. Aisch 2006.; Harald Rosmanitz, Burgenforschung im Spessart. Das „Alte Schloss“ in Kleinwallstadt, in: Beiträge zur Archäologie in Unterfranken (2009), S. 243–286.; Harald Rosmanitz, Die Niederungsburg „Mole“ bei Heimbuchenthal im Spessart, in: Georg Ulrich Großmann (Hg.), Die Burg zur Zeit der Renaissance (Forschungen zu Burgen und Schlössern Bd. 13), Berlin, München 2010, S. 227–240.;   Magnus Wintergerst, Hoch- und spätmittelalterliche Keramik aus der Altstadt Frankfurt am Main, Bd. 18,1, (Schriften des Archäologischen Museums Frankfurt) Frankfurt am Main 2002.; Bianca Zürner, Die Vorspessartware. Typologie, Chronologie und Kontext am Beispiel der Burg Wahlmich bei Waldaschaff. (masch. Masterarbeit), Freiburg i. Br. 2018.
  2. Rosmanitz (wie Anm. 1).; Harald Rosmanitz, Heimbuchenthal, Lkr. Aschaffenburg, Burgstall Mole. Maßnahmen-Nr. M-2008-168-1 und -2. Archäologische Untersuchungen, Mai bis Juli 2008 und Mai bis Juli 2009. (masch. Manuskript), Partenstein 2012.
  3. Georg Büttner, Marcus Jae, Hermann Neubert, Archäologie unter dem Museum. Eine mittelalterliche Latrine in Miltenberg, in: Das Archäologische Jahr in Bayern 2009 (2010), S. 166–168.
  4. Harald Rosmanitz, Sabrina Bachmann, Christine Reichert, Partenstein, Lkr. Main-Spessart, Burg Bartenstein. Ausgrabungen 2004 bis 2009. Fst. Nr. 5923/023 und 2007-52601, 0-3. (masch. Manuskript), Partenstein 2016., S. 73-74; Harald Rosmanitz, Sabrina Bachmann, Michael Geißlinger, Partenstein, Lkr. Main-Spessart, Burg Bartenstein, Maßnahmen-Nr. M-2016-1339-1 und 2_0. Archäologische Untersuchungen Juli bis November 2016 sowie Mai bis August 2017. (Masch. Manuskript), Partenstein 2019., S 47-48 sowie 58-61.
  5. Wintergerst (wie Anm. 1).
  6. Antje Kluge-Pinsker, Der befestigte Hof Goldstein bei Frankfurt a. M. – Niederrad. Von seinen Anfängen bis zur Zerstörung im Jahre 1552, in: Egon Wamers (Hg.), Frankfurter Beiträge zur Mittelalter-Archäologie I. Mit Untersuchungen zu frühmittelalterlichen Funden aus Mainz, zur Justinuskirche in Frankfurt am Main-Höchst und zur Burg Goldstein in Frankfurt am Main-Niederrad, Bonn 1986, S. 117–248.
  7. Grünewald, Bakker (wie Anm. 1).
  8. Stefanie Müller, Harald Rosmanitz, Neue Erkenntnisse zu mittelalterlicher ländlicher Siedlung am Übergang vom Spessart zum Vogelsberg. Die Wüstung Stubach bei Ulmbach, Stadt Steinau an der Straße, im Main-Kinzig-Kreis, in: hessenArchäologie 2015 (2016), S. 154–156.
  9. Christof Krauskopf, Becher, Töpfe, Kacheln. Spätmittelalterlicher Töpfereiabfall aus Aulendiebach bei Büdingen, in: Zeitschrift für Archäologie des Mittelalters 2005, S. 253–258.; Christoph Krauskopf, Die mittelalterliche Töpfereitradition in Aulendiebach, in: Büdinger Geschichtsblätter (1995/1996), S. 305–311.