Die Visualisierung der 3D-Daten des Airborne-Laserscans (ALS) lässt in der Bildmitte die als Geländeerhebung erkennbare Struktur des Ringwalls klar erkennen und verdeutlicht die topographische Lage auf einem Bergsporn. Außerdem zeigt sich, dass die Befestigung mit einem vermutlich älteren Erdwerk im Osten in Verbindung steht, welches heute nur noch stellenweise als seichte Bodenwelle erhalten und vor Ort nicht mehr obertägig erkennbar ist. Datengrundlage: Hessische Verwaltung für Bodenmanagement und Geoinformation; Bearbeiter: Karl-Heinz Gertloff, Egelsbach

Die Visualisierung der 3D-Daten des Airborne-Laserscans (ALS)

Ein Erdwerk an strategisch günstiger Position

Im Kinzigtal bei Wirtheim kreuzen sich mehrere, teilweise bereits in der Vorgeschichte bedeutende, überregionale Verkehrsachsen: Neben der Via Regia, die dem Kinzigtal folgend das Rhein-Main-Gebiet mit dem mitteldeutschen Raum verbindet, läuft auch ein Ast der den Spessart überquerenden „Birkenhainer Straße“ aus dem Biebergrund kommend hier aus. Diese Trasse setzt sich über den Vogelsberg in Richtung Wetterau und Mittelhessen fort.

In dem Kreuzungsbereich liegt auf einem Bergsporn oberhalb Wirtheims der ca. 80 Meter im Durchmesser messende, nahezu kreisrunde Ringwall.
Von Mai bis Juli 2014 wurden vom Geschichtsverein Biebergemünd in Zusammenarbeit mit dem Archäologischen Spessartprojekt – Institut an der Universität Würzburg und mit Unterstützung der Gemeinde Biebergemünd Grabungen auf der Befestigungsanlage durchgeführt. Sie erbrachten genauere Informationen zu ihrer Struktur, Zeitstellung und Funktion.

Die Grabungsflächen

Schnitt 1:

Im nordwestlichen Innenraum der Befestigung ca. 15 m vom Wall entfernt wurde in einem Bereich, der sich aufgrund des lichten Baumbestandes für die Anlage einer größeren Untersuchungsfläche anbot, ein West-Ost ausgerichteter Schnitt von 12,20 m Länge und 5 m Breite angelegt. Abgesehen von einigen wenigen Streufunden waren hier jedoch keine Relikte menschlicher Nutzung oder gar Bebauung festzustellen. Dies legt auch der äußerst dünne Fundschleier in der gesamten Fläche nahe. Auffällig ist, dass mesolithische Silexabschläge mit insgesamt 10 Objekten einen großten Teil des Fundmaterials ausmachen.

Schnitt 2:

Im Norden der Befestigung wurde ein 2 m breiter und 11,50 m langer Schnitt im Bereich des Ringwalls angelegt. Sie durchschnitt den Wallkörper in nord-südlicher Richtung und griff nach Norden, also außen, um rund sechs Meter über diesen hinaus. Ziel war es, die Konstruktionsweise des Walls zu klären sowie einen eventuell außen umlaufenden Graben zu erfassen. Die dokumentierte Konstruktionsweise des Befestigungsrings ist wesentlich simpler als im Vorhinein erwartet. Der Wall von nur etwa 60 cm Höhe besteht nur aus einer einfachen Erdaufschüttung. Es existierte kein oder nur ein sehr flacher vorgelagerter Graben. Auch die Wallkrone scheint nicht zusätzlich gesichert gewesen und/oder durch Erosion stark verebnet zu sein. Es ist nicht auszuschließen, dass diese einen Holzzaun trug, dessen Pfosten mehr als zwei Meter auseinander standen. Ebenso wenig nachweisbar ist ein „grüner Zaun“ in Form einer Hecke. Aus dem geringen Fundmaterial lassen sich keine weiteren Informationen gewinnen. Ein ungwöhnlicher, aber neuzeitlicher Fund ist ein Zeugenstein, der auf der Wallkrone zutage kam. Das Rohr aus Steinzeug war aufrecht in die Erde einbracht und markierte einst den Standort eines Grenzsteins.

Schnitt 3:

Im Süden des Innenraums des Ringwalls wurde eine 3 m x 3 m große Untersuchungsfläche angelegt, um eine weitere Referenz für die Nutzungs- und Bebauungsstruktur im Inneren der Befestigung bilden. Die nicht vorhandene Befundlage bestätigt den bereits in Schnitt 1 gewonnenen Eindruck, dass der Innenraum des Ringwalls nicht bebaut war. Lediglich einige frühmittelalterliche Keramikfragmente weisen auf gewisse menschliche Nutzung in diesem Bereich hin, abgesehen von einer extensiven Nachnutzung in spätem Mittelalter und früher Neuzeit.

Schnitt 4:

Im Bereich einer rund fünf Meter breiten Unterbrechung des Walls im Südwesten wurde ein Schnitt angelegt, dessen zwei voneinander getrennten Teilflächen auf rund 8 m Länge von innen her an die beiden Stümpfe des Walls heranziehen. Da es sich um die einzige Öffnung im Befestigungsring handelt, welche darüber hinaus bereits auf dem Urkatasterplan der 1850er Jahre verzeichnet ist, war hier ein Tor zu vermuten, das aus der Nutzungszeit der Anlage stammt. Reste einer an die Toröffnung anschließenden Innenbebauung waren nicht vorhanden. Dagegen haben sich im Bereich der beiden stumpfen Enden des Walls Reste von Steinkonstruktionen erhalten, die eindeutig als die Wangen eines Tores anzusprechen sind. Sie bestehen aus unvermörtelt in Lehm gesetzten Sandsteinen und fassen eine ca. 5 m breite Durchfahrt ein. Der Erhaltungszustand der südlichen Torwange erlaubt konkrete Aussagen zur Konstruktionsweise und zum Aussehen des gesamten Tores. Demnach waren die Wallenden auf drei Seiten durch Steinsetzungen eingefasst, die zwei nach Innen auskragende, massive Mauerblöcke von wenigstens zwei Meter Breite bildeten. Auf diesen ist eine begehbare Plattform vorstellbar. Dass sie als Fundament für ein die Tordurchfahrt überspannendes Torhaus dienten, ist eher auszuschließen, da keinerlei Pfostenstellungen oder sonstige Reste hölzerner Ein- oder Aufbauten festzustellen waren. Auch im Bereich der Tordurchfahrt waren keine Reste einer Verschlusskonstruktion, bei der man hölzerne Torflügel annehmen möchte, vorhanden. Das Fehlen von Angelpfosten und -steinen weist darauf hin, dass das Tor nur provisorisch verschlossen werden konnte. Das Fundmaterial in Schnitt 4 ist in Entsprechung der Befundsituation am reichhaltigsten, wobei fast ausschließlich einfache Irdenware und kleine Eisenobjekte vorkamen.

Schnitt 4a:

Etwa 15 m westlich von Schnitt 4, außerhalb des Befestigungsrings, wurde eine weitere Sondage von 1,20 m auf 1,50 m angelegt. Es wurde dabei der Rest einer Feuerstelle freigelegt, die anhand der gefundenen Keramik ins Frühmittelalter gesetzt werden kann und folglich mit der Wallanlage in Zusammenhang stehen dürfte. Daneben weisen wenige Stücke Hüttenlehm auf eine Bebauung im näheren, hangaufwärts gelegenen Umfeld hin. Leider waren keine weiteren Befunde in der Fläche vorhanden, sodass sich für die genaue Funktion der Feuerstelle keine Hinweise ergeben. Sie wäre im Zuge des Befestigungsbaus als Lagerplatz von Arbeitern ebenso vorstellbar wie im Kontext von Rodungsarbeiten, um nur zwei Beispiele zu nennen.

Datierung  und historische Einordnung

Die gesamte Befestigungsanlage zeichnet sich durch ihren vergleichsweise simplen Aufbau aus. Reste einer Innenbebauung konnten während der Grabungen nicht nachgewiesen werden. Außerdem wurden während der fast dreimonatigen Grabungskampagne nur sehr wenige Fundstücke geborgen, die überwiegend Scherben einfacher Gebrauchskeramik umfassen. Hinzu kommen stark korrodierte Eisenfragmente. Anhand der Funde lassen sich fünf Nutzungsperioden auf dem Ringwall unterscheiden, die sich auf mehreren tausend Jahren verteilen.

Periode 1: Mesolithikum (9./8. Jahrtausend v.Chr.)

Die Anwesenheit von Menschen auf dem Areal des Ringwalls bereits in der mittleren Steinzeit, kurz nach Ende der letzten Eiszeit, weisen insgesamt 13 Mikrolithen, kleine Feuerstein-Abschläge, nach. Sie dürften überwiegend der sog. Wirtheimer Gruppe zuzuordnen sein, die in die Zeit um 8000 v.Chr. zu setzen ist, stehen allerdings in keinem Zusammenhang mit Erdbefunden. In welchem Kontext die Einzelfunde zu sehen sind, ist unklar. In erster Linie ist an den kurzzeitigen Lagerplatz einer Jägergruppe zu denken. Die Kernbereiche des mesolithischen Nutzungshorizonts liegen der Fundverteilung zufolge im Umfeld von Schnitt 1 sowie im Areal zwischen Schnitt 1 und Schnitt 4. In den nachfolgenden rund 9000 Jahren bis ins Frühmittelalter hat sich jedoch keine weitere Anwesenheit von Menschen abgezeichnet.

Periode 2: Frühmittelalter (8.-10. Jahrhundert n.Chr.)

Die bedeutendste Nutzung der Vorderen Alteburg fand zweifelsfrei im Frühmittelalter statt. Im Zeithorizont des 8. bis 10. Jahrhunderts wurde das Bodendenkmal des Ringwalls, wie es noch heute im Gelände sichtbar ist, errichtet. Allerdings auf verhältnismäßig einfache, provi-sorisch anmutende Weise. Am Rand wurde das vor Ort verfügbare Erdmaterial zu einem na-hezu kreisrunden Wall aufgeschüttet, der kaum zusätzlich gefestigt war. Ob er eine Palisade oder ein vergleichbares Wehrelement trug ist nicht sicher. Das Tor im Südwesten des Befestigungsrings verfügte über die einzigen Steinstrukturen der gesamten Anlage. Ein Verschlussmechanismus der fünf Meter breiten Tordurchfahrt existierte aller Wahrscheinlichkeit nach nicht, sodass sie wohl nur in Notsituationen mittels eines Holzverbaus geschlossen worden ist. Der Innenraum der Befestigung war nach Aussage der stichprobenartigen Sondagen unbebaut. Der in allen Flächen äußerst dünne Fundschleier weist ebenfalls deutlich in diese Richtung. Wenn überhaupt ist der Ringwall nach seiner Errichtung nur sporadisch und kurzzeitig genutzt worden. Dass der Innenraum bei diesen Gelegenheiten zumindest teilweise mit Zelten und/oder einfachsten Hütten/Buden bestanden war, erscheint durchaus möglich, entzieht sich aber größtenteils dem archäologischen Nachweis. Ebenso möglich und angesichts des geringen Fundmaterials mindestens ebenso plausibel ist, dass es nie zu einer der Befestigung zugedachten Nutzung gekommen ist.

Die Frage nach der konkreten Funktion des Ringwalls bei Wirtheim kann nicht endgültig geklärt werden. Schon die topographische Lage am Hang unterhalb des Bergspornplateaus ebenso wie die provisorisch anmutenden Befestigungselemente lassen die Wehrfunktion des Ringwalls deutlich zurücktreten. Von wesentlicher Bedeutung war die Sicht in Richtung südliches Kinzigtal und ins Biebertal sowie die Sichtbarkeit aus diesen Richtungen. Hinzu kommt, dass die Errichtung einer systematischen Befestigungsanlage in der Dimension des Ringwalls, wenn auch in relativ simpler Ausführung, kaum von einer örtlichen Autorität oder gar Gemeinschaft umgesetzt werden konnte, sondern eine übergeordnete Zentralmacht hierfür nötig war. Damit erfüllt sie sämtliche Kriterien, die einem kurzfristig genutzten Feldlager zu eigen sind. Entsprechende Anlagen anderer Dimension und anderer Grundgestalt sind bereits aus der römischen Kaiserzeit bekannt.

Da diese Feststellungen jedoch kein klares Ergebnis liefern ist der historische Kontext mit einzubeziehen:
Schon die in den Untersuchungsflächen geborgenen Keramikfragmente legen eine zeitliche Einordnung des Ringwalls in die späte Karolingerzeit nahe. Diesen Ansatz bestätigt ein 14C-Datum aus dem Torbereich (867-986 n.Chr.). Ein weiteres 14C-Datum aus dem Wallschnitt legt einen etwas älteren Zeitansatz nahe (676-772 n.Chr.). Im angezeigten Zeitraum verändern sich die politischen Konstellationen mehrmals und grundlegend. Während im 7. und beginnenden 8. Jahrhundert noch ein Einfluss des formal dem Frankenreich angehörenden, faktisch aber autonom agierenden thüringisch-würzburgischen Herzogtums auch im Westen von Spessart und Rhön möglich ist, verschiebt sich das Machtgefüge nicht nur im Kinzig- und Fuldaraum nach dem Tod des letzten Herzogs, Heden II., um 719 deutlich zugunsten der Merowinger, welche das Herzogtum auflösen und beerben. Gleichzeitig wächst im 8. Jahrhundert ein dauerhaft schwelender Konflikt zwischen Franken und Sachsen heran, der insbesondere in Nordhessen besondere Brisanz besitzt und sich durch regelmäßig wiederkehrende Raubzüge in beiden Richtungen äußert. Das Kinzigtal als Verkehrskorridor in Nord-Süd-Richtung war in diesem Zusammenhang von erheblicher Bedeutung. Mit den Sachsenkriegen Karls des Großen wird die Region ab 773 schließlich Aufmarschgebiet einer der längsten und erbittertsten kriegerischen Auseinandersetzungen des Frühmittelalters. Mit der endgültigen Unterwerfung der Sachsen kurz vor 800 und der Eingliederung ihrer Stammesgebiete in den fränkischen Reichsverband wurde die Region zur Binnenlandschaft fernab der äußeren Konflikte des Frankenreichs bzw. des Ostfrankenreichs. Nichtsdestotrotz wachsen in der späten Karolingerzeit schon unter Ludwig dem Frommen die inneren Konflikte enorm an. Dauerhafte innenpolitische Stabilität entsteht erst wieder zu Beginn des 10. Jahrhunderts nach der Ablösung der karolingischen Dynastie. Mit den sächsischen Königen sind ab 919 Nord- und Mittelhessen Verbindungsregion zwischen deren Stammlanden und den rheinischen Kernregionen des Reiches.

In dem kurzen historischen Abriss des für den Ringwall infrage kommenden Zeitraums ist die große Bedeutung der Region und insbesondere des Kinzigtals als Verkehrsachse augenfällig. Die hier verlaufende Via Regia wird 1252 erstmals urkundlich als königliche Straße erwähnt, doch reichen ihre Ursprünge sicherlich bis weit ins Frühmittelalter zurück . Die verkehrsstra-tegische Bedeutung des Kinzigtals wird durch die ab dem Hochmittelalter nachgewiesene und für das Frühmittelalter anzunehmende Schiffbarkeit der Kinzig enorm gesteigert.

Mit dem politischen Dauerkonflikt zwischen dem Fränkischen Reich und dem noch heidnischen Großstamm der Sachsen liegt im 8. Jahrhundert ein historisches Szenario vor, das mit einiger Wahrscheinlichkeit in die Deutung des Ringwalls einzubeziehen ist: Die gerade im nordhessischen Raum immer wieder stattfindenden militärischen Auseinandersetzungen und Raubzüge sowie die Vorbereitungen für den Sachsenkrieg Karls d.Gr. 772 könnten den Anlass für die Anlage eines militärischen Übungslagers dargestellt haben. Ein solches wurde nicht nur zur Ertüchtigung der eigenen Streitkräfte im Befestigungsbau genutzt. Im Notfall ließ sich die an der letzten vor Frankfurt gelegenen Engstelle des Kinzigtals gelegene Wehranlage als Verteidigungsstützpunkt aktivieren, um die Sachsen von einem Durchbruch ins Rhein-Main-Gebiet abzuhalten. Dafür, dass diese Option niemals zum Tragen kam, zeugen – sozusagen als Negativnachweis – das Fehlen entsprechender, archäologischer Horizonte.

Periode 3: Spätmittelalter/Frühneuzeit

Auch nachdem die Befestigung aufgegeben worden war ist das Areal immer wieder aufgesucht und genutzt worden. Dies zeigen vor allem einzelne Fundstücke an, die in verschiedene Zeithorizonte gesetzt werden können. Da die Funde in keinem Befundzusammenhang standen, lässt sich die Art der Nachnutzung des Ringwalls kaum spezifizieren. Ihrer geringen Anzahl zufolge kann diese nicht sehr intensiv gewesen sein. Einen Hinweis geben mehrere Terrassenstufen im Inneren des Denkmals. Vor Ort fällt nur noch die größte dieser Stufen als schwache Bodenwelle auf, im Digitalen Geländemodell sind dagegen mindestens drei Terrassen deutlich sichtbar. In ihnen sind künstlich angelegte Terrassierungen zu sehen, mit denen eine landwirtschaftliche Nutzung der Fläche ermöglicht wurde. Darüber hinaus weisen mehrere Musketenkugeln eine jagdliche Nutzung des Areals ab dem 17. Jahrhundert nach. Schließlich wurde das Denkmal um die Mitte des 19. Jahrhunderts mit der Anpflanzung des Eichenwäldchens einer forstlichen Nutzung zugeführt, die bis heute besteht.

Periode 4: Zweiter Weltkrieg

Wie bei vielen anderen Bodendenkmälern hat der Zweite Weltkrieg auch am Ringwall Spuren hinterlassen. Mit einer Reihe von Granatsplittern sind diese vergleichsweise schwach. Die von Artilleriegranaten stammenden Splitter konzentrieren sich im Nordwesten vor allem außerhalb der Befestigung und sind mit einer von Zeitzeugen im Tal bei Wirtheim verorteten Flugabwehr-Stellung in Zusammenhang zu bringen.

Periode 5: moderne Bodeneingriffe

Auch die Zeit nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist im Fundmaterial des Ringwalls repräsentiert, jedoch nur selten im archäologischen Befund. Aufgefundene Übungspatronen lassen es möglich erscheinen, dass der Ringwall Mitte des 20. Jahrhunderts für Militärübungen genutzt worden ist. Hinweise auf Bodeneingriffe im Zuge einer solchen Nutzung (Schützengräben, tiefergelegte Stellungen, Plateaus für Zelte u.a.) liegen allerdings nicht vor. Mitunter schwerwiegende Auswirkungen auf das Denkmal haben dagegen seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die ungenehmigten Begehungen des Areals mit Metalldetektoren. Zahlreiche über die gesamte Fläche der Befestigung verteilte Schurfe zeugen von der zuneh-menden Häufigkeit solcher Aktionen, mehrere Bodeneingriffe von über einem Meter Tiefe von zunehmender Aggressivität. Es muss davon ausgegangen werden, dass im Zuge von Raubgrabungen ein großer Teil insbesondere der metallischen Artefakte entnommen worden ist. Es ist nicht möglich, die Verluste abzuschätzen. Auch wenn ihre konkrete Zahl gering sein mag, bedeuten sie in Anbetracht des ohnehin geringen Fundmaterials einen umso größeren Verlust an historischen Quellen.

Fazit

Auch wenn die archäologischen Untersuchungen auf dem Ringwall nur geringe Reste einer frühmittelalterlichen Befestigung ans Licht gebracht haben, so konnte durch sie doch eine vielgestaltige Nutzungsgeschichte des Denkmals oberhalb Wirtheims erfasst werden. Der Ringwall stellt den ersten umfangreich archäologisch erforschten Vertreter einer ganzen Reihe weiterer Bodendenkmäler dieser Art in der näheren und weiteren Umgebung dar. Ihre Standorte scheinen in den meisten Fällen aus visuellen/repräsentativen Gründen gewählt zu sein. Wehrtechnischen Anforderungen werden sie nur begrenzt gerecht. Eine permanente Nutzung erscheint in den meisten Fällen schon aufgrund mangelnder Wasserversorgung unrealistisch. Am Beispiel des untersuchten Vertreters bei Wirtheim ist es nun möglich, diese Kategorie von frühmittelalterlichen Wehranlagen zu fassen. Viele der im Zuge der Ausgrabung 2014 aufgeworfenen grundlegenden Fragestellungen müssen nun auf interdisziplinärer Ebene von Archäologen, Historikern und Geografen diskutiert und einem überregionalen Vergleich mit ähnlichen Befestigungen unterzogen werden. Durch die Untersuchungen 2014 ist eine Präzisierung der zeitlichen und funktionalen Einordnung des Ringwalls möglich. Die problematische Einordnung der Befestigung mit ihrer nachgewiesenen Nicht-Besiedlung macht deutlich, dass Anlagen vom Typ des Ringwalls in der Forschung bislang zu geringe Beachtung geschenkt worden ist.


Harald Rosmanitz, Partenstein, 2016