Die Altenburg – ein wenig erforschter Ringwall im Spessart

 

Die Altenburg in einer Karte von 1845. Deutlich zu erkennen ist neben der Gemarkungsgrenze die damals noch sichtbare Toranlage im Osten des Bodendenkmal. (aus: Ortsakten des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege)

Die Altenburg in einer Karte von 1845. Deutlich zu erkennen ist neben der Gemarkungsgrenze die damals noch sichtbare Toranlage im Osten des Bodendenkmal.

Am westlichen Rand des Spessarts, auf der Gemarkungsgrenze zwischen der Gemeinde Leidersbach und dem Markt Sulzbach am Main, liegt auf einer Anhöhe, dem Schlossberg, die Altenburg: eine wenig erforschte Ringwallanlage mit einer Länge von 365m und einer maximalen Breite von ca. 180m. Diese in ihrer Größe beeindruckende Befestigung war bis zum Jahre 2008 kaum erforscht. Zwar wurde die Anlage im 19. und 20. Jahrhundert immer wieder von Hobbyarchäologen und Heimatforschen begangen, systematische Ausgrabungen hatten jedoch nie stattgefunden. Unterschiedliche Theorien verwiesen die Entstehungszeit der Anlage von der Urnenfelderzeit bis in das frühe Mittelalter.

In den Jahren 2008 und 2009 führte das Archäologische Spessartprojekt gemeinsam mit der Gemeinde Leidersbach, dem Markt Sulzbach und den dortigen Geschichtsvereinen erstmals systematische Grabungen auf dem Gelände durch. Ziel der Arbeiten war, mehr über die Entstehungszeit und über die Nutzungsphasen der Anlage zu erfahren. Eine Bestandsaufnahme über den Zustand der Altenburg bildet die Grundlage eines umfangreichen Konzepts zum künftigen – vor allem touristischen – Umgang mit dem Bodendenkmal.

Das Gelände war im 19. und frühen 20. Jahrhundert intensiv für den Abbau von Sandstein genutzt worden. Nach dem Zweiten Weltkrieg führten die in der Nähe stationierten amerikanischen Streitkräfte Manöver auf dem Gelände der Altenburg durch und schädigten dabei durch das Anlegen von Plateaus für Zeltcamps und durch das Ausheben von Schützengräben massiv die archäologische Substanz der Anlage.

Bevor auf die Ergebnisse der Grabungen eingegangen wird, soll eine kurze Beschreibung der Topografie der Altenburg erfolgen: Die Anlage liegt auf einer Anhöhe, dem Schlossberg. Diese markante Erhebung ist nach Westen hin spornartig ausgebildet. Die Flanken nach Norden und Süden sind relativ steil, einzig nach Osten setzt sich der Höhenzug zur benachbarten Altmannshöhe hin fort. Die Altenburg folgt der in Ost-West-Richtung gerichteten, längsovalen Form des Schlossbergs. Das Bodendenkmal auf dem Höhenrücken besteht aus einem doppelten Wall-Graben-System. Im Osten, wo sich die Altmannshöhe anschließt, ist eine zusätzliche Wegsperre im Gelände zu erahnen. Das Wall-Graben-System ist heute an vielen Stellen schwer beschädigt, teilweise, besonders im Osten, gar nicht mehr vorhanden. Ein Plan aus der Mitte des 19. Jahrhunderts zeigt die Anlage noch in einem weitgehend intakten Zustand. Der doppelte Bering war demnach zu diesem Zeitpunkt noch vollständig erhalten. Lediglich im Südosten und Nordwesten der Anlage sind zwei Unterbrechungen sichtbar. Die Öffnung im Südosten war vermutlich der Eingang zur Anlage. An dieser Stelle erkennt man auf dem Plan ein rechteckiges Gebilde, das direkt neben dem Durchlass in den inneren Wall eingelassen war. Gerade dieser Teil der Anlage wurde durch Steinbrüche extrem in Mitleidenschaft gezogen, so dass die genannten Strukturen heute nicht mehr vorhanden sind.

Während der beiden Grabungskampangen in den Jahren 2008 und 2009 wurden insgesamt zehn Schnitte angelegt. Untersucht wurden verschiedene Punkte im Inneren der Anlage, die vermutete Torsituation im Südosten sowie das Wall-Graben-System an der Westspitze des Berings. Die Schnitte im Inneren der Anlage erbrachten außer einigen Keramikfragmenten keine Erkenntnisse über eine mögliche Innenbebauung oder über die sonstige Nutzung des Geländes. Die Schäden, welche die Aktivitäten im 19. und 20. Jahrhundert verursachten, erwiesen sich als viel zu groß. Hinzu kommen extreme Verlagerungen und Verwirbelungen des Fundguts anlässlich des jährlichen Durchwühlens der dünnen Bodenbedeckung durch Wildschweine. Die Zerstörungen im Bereich des vermuteten Tores und des rechteckigen Mauerzugs im Südosten waren dermaßen tiefgreifend, dass von der Originalsubstanz der Anlage buchstäblich nichts mehr erhalten war. Weit interessanter war die Freilegung des Wall-Graben-Systems im Westen. Die drei hier angelegten Schnitte zeigten die Struktur der beiden Wälle und der vorgelagerten Gräben und erlaubten Rückschlüsse auf eine Periodisierung der Anlage.

Die Struktur des Wall-Graben-Systems

Übersicht der Schnitte durch den westlichen Ringwall der Altenburg

Übersicht der Schnitte durch den westlichen Ringwall der Altenburg

Das Wall-Graben-System der Altenburg besteht heute aus einem inneren und einem äußeren Wall. Ein dem äußeren Wall vorgelagerter Graben konnte sicher nachgewiesen werden. Ein zweiter Graben zwischen den beiden Wällen war in den entsprechenden Profilen nicht deutlich sichtbar, kann aber angenommen werden.

Bei dem inneren Wall handelt es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um die verstürzten und nach außen verkippten Reste einer Pfostenschlitzmauer. Nach Westen hin entdeckten wir eine massive Versturzschicht aus hauptsächlich etwa kopf-, vereinzelt bis zu übertorsogroßen Sandsteinen. Viele dieser Steine scheinen einer großen Hitze ausgesetzt gewesen zu sein. Sie wiesen eine rötliche Verfärbung und Brandspuren auf und waren derart spröde, dass sie leicht zerbröselten. Beim Abtrag des Walles konnten wir nach unten hin zunehmend stark verziegelte Lehmschichten mit kleineren, in der großen Hitze durchgeglühten Steinen und Holzkohleeinschlüssen freilegen, bis wir etwa einen Meter unter der Wallkrone auf eine massive Brandschicht stießen. In diesem Horizont konnten wir die Reste mehrerer verkohlter Eichenbalken freilegen. Sie liegen allesamt in Ost-West-Richtung neben- und übereinander. Die Balken waren gut genug erhalten, um die Faserstruktur des Holzes erkennen zu können. Nach Norden hin dünnte diese Schicht allmählich aus. Auf einer Breite von etwa 2,5 m fanden wir nur noch geringe Spuren von verkohltem Material, bevor der nächste Balken zum Vorschein kam. Mit großer Wahrscheinlichkeit haben wir es bei den verkohlten Balken um die Holzkonstruktion einer Pfostenschlitzmauer zu tun. Nachdem diese bei einem Brandereignis seine Stabilität verloren hatte, sackte die gesamte Mauer in sich zusammen und kippte nach außen.

Der äußere Wall ist heute im Schnitt nur noch als Packung aus bis zu kopfgroßen Steinen zu erkennen. Eine Struktur wie beim inneren Wall ist nicht zu sehen, Reste von Holz fanden wir nicht. Vermutlich handelte es sich dabei um eine relativ einfach konstruierte Trockenmauer. Dem vorgelagert war ein Spitzgraben. Interessant wäre sicherlich eine Untersuchung des inneren Walles im Osten der Anlage, wo dieser sich teilweise noch in einer Höhe von zwei bis drei Metern erhalten hat.

Datierung und Periodisierung

Deutlich erkennt man im Profil durch den inneren Wall im Westen der Altenburg die ursprüngliche Holz-Steine-Konstruktion.

Deutlich erkennt man im Profil durch den inneren Wall im Westen der Altenburg die ursprüngliche Holz-Steine-Konstruktion.

Aufgrund der Grabungsergebnisse können wir eine dreiphasige Nutzung des Geländes feststellen. Die erste Phase datiert in die Zeit der Michelsberger Kultur. Diese Phase können wir lediglich durch einige Keramikfragmente und Steinartefakte fassen. Leider haben wir keine Befunde, die sich eindeutig der Michelsberger Kultur zuweisen ließen. Wie und in welchem Umfang das Gelände in jener Zeit genutzt wurde, muss somit Spekulation bleiben. Die zweite Nutzungsphase datiert in die ausgehende Hallstattzeit. Von den verkohlten Balken im inneren Wall wurden zwei Proben entnommen, die im Radiokarbonlabor der Universität Kiel datiert wurden. Sie verweisen die Holzbalken und damit die letzte Bauphase des inneren Walles in die Zeit um 700-450 cal BC. Da die verkohlten Holzbalken teilweise gut erhalten waren entnahmen wir mehrere Proben für eine dendrochronologische Analyse. Die Untersuchung im Labor des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege in Thierhaupten zeigte, dass die gesamte hölzerne Konstruktion aus Eiche errichtet wurde. Neben Rundhölzern mit einem Durchmesser von 13 bis 22cm wurden in dem Verbau auch Spaltbohlen eingesetzt. Diese waren mindestens 9cm dick und 20cm breit. Das Fälldatum des einzigen dendronchronologisch sicher datierbaren Holzes kann nicht vor 613 BC liegen. Damit lässt sich die Entstehungszeit beziehungsweise die Nutzungsdauer des inneren Walles zumindest grob in die Zeit zwischen 613 und 450 BC. terminieren. Die dritte Nutzungsphase betrifft den äußeren Wall und kann nicht genau datiert werden. Da die Versturzschichten des inneren Walles unter dem äußeren verlaufen, muss letzterer jünger sein. Es gibt jedoch keinerlei archäologische Hinweise auf das Alter des äußeren Walles. Auffällig ist, dass bis zum heutigen Tage alle privaten Grundstücksgrenzen am äußeren Wall der Altenburg enden. Die Anlage selbst ist je zur Hälfte im Besitz der Gemeinde Leidersbach und des Marktes Sulzbach. Diese Aufteilung geht auf das späte 12. Jahrhundert zurück und könnte darauf hinweisen, dass die Altenburg im Mittelalter noch irgendeine Rolle spielte und womöglich sogar als Fliehburg in Notzeiten genutzt wurde. Archäologisch beweisen lässt sich diese These nicht, da entsprechend datierbare Befunde komplett fehlen. Fakt ist jedoch, dass der äußere Wall irgendwann nach der Zerstörung des inneren errichtet wurde und sich heute teilweise noch in einer Höhe von zwei bis drei Metern erhalten hat.

Das Fundmaterial das bei den beiden Grabungskampagnen zutage trat ist spärlich. Den größten Teil machen Keramikfragmente aus. Darunter befinden sich zahlreiche Scherben einer grobgemagerten Ware, die jedoch derart schlecht und fragmentarisch erhalten ist, dass eine zeitliche Zuordnung nicht möglich war. Daneben fanden wir einige Scherben aus der Michelsberger Kultur, darunter auch Ränder von Arkadenrandgefäßen sowie Fragmente von Ösengefäßen. Das weitere keramische Material besteht aus Keramik des 19. Jahrhunderts. Wenige, allerdings nicht genauer bestimmbare Scherben stammen aus der Versturzschicht des inneren Walls. Es dürfte sich demnach um die Reste eisenzeitlicher Gefäße handeln. Als zweite Fundgruppe sind die Steinartefakte zu nennen. Neben einigen Abschlägen und Silexbruchstücken fanden wir den Teil einer Silexklinge sowie das Fragment eines Flachbeils oder Dechsels.

Blick von Süden auf den (Stein-)Versturz der inneren Wallmauer. Deutlich kann man in der Umzeichnung die Lage der Pfosten erkennen.

Blick von Süden auf den (Stein-)Versturz der inneren Wallmauer. Deutlich kann man in der Umzeichnung die Lage der Pfosten erkennen.

Ein wichtiges Ergebnis der zweijährigen Untersuchungen auf der Altenburg ist, dass wir es mit einer Anlage zu tun haben die nach derzeitigem Wissensstand in mindestens drei Phasen genutzt wurde. Zuerst erfolgte eine nicht näher bestimmbare Belegung durch die Michelsberger Kultur. Zwischen 613 und 450 BC wurde eine Pfostenschlitzmauer errichtet. Diese dürfte im Südosten eine große Toranlage besessen haben. Der Bering wurde in der späten Hallstattzeit durch ein Brandereignis zerstört. Eine regionale Bedeutung der Altenburg zu dieser Zeit ist anzunehmen. Die in ihrer Größe beeindruckende Anlage liegt auf einem sehr markanten Sporn, der von weitem sichtbar ist. Mit Sicherheit diente die Altenburg damals auch repräsentativen Zwecken. Möglicherweise wurde sie zudem zur Überwachung von Handelswegen in der Umgebung genutzt. Vielleicht bestand auch ein Zusammenhang zu den etwa zeitgleichen Anlagen bei Urphar und Bürgstadt. Wann der äußere Wall errichtet wurde muss Spekulation bleiben. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass die Anlage auch im frühen Mittelalter eine gewisse Rolle spielte.

Weiterführende Literatur:

Hefner, Leo, Römer und Germanen im Maintal bei Sulzbach, in: Festschrift Sulzbach am Main. Festschrift zur Markterhebung der Gemeinde Sulzbach am Main, hg. von der Gemeinde Sulzbach am Main (Goldbach 1973), S. 32-40.
HGV Sulzbach und Leidersbach u. Rosmanitz, Harald (Hrsg.), Die Altenburg zwischen Sulzbach und Leidersbach. Eine prähistorische Wallanlage zwischen Main und Spessart (Neustadt a.d. Aisch 2012), S. 31-84.
Kapolnási, Gergely u. Rosmanitz, Harald, Die Altenburg – ein wenig erforschter Ringwall im Spessart. In: Marquart, Markus (Hrsg.), KeltenLand am Fluss. Die Kelten im Rhein-Main-Gebiet (Rahden/Westf. 2010), S.65-68.
Schwarz, Klaus, Die Altenburg, auch Sodenburg genannt. In: Führer zu vor- und frühgeschichtlichen Denkmälern, Bd. 8 (Mainz 1967), S. 159-169.
Wamser, Ludwig, Abschluss der archäologischen Untersuchungen am Ringwall auf dem Bürgstadter Berg. In: Das archäologische Jahr in Bayern 1988, S. 66-68.