Völlig unerwartet fand sich im Fundensemble einer Grube außerhalb der westlichen Ringmauer (Schnitt 5) bei den Grabungen im Jahre 2018 ein fast vollständiger Schuhleistenkeil. Das geschliffene Steingerät ist aus regional anstehendem Gestein gefertigt. Das etwa daumendicke Artefakt weist an einem Ende eine leicht gebogene Klinge auf. Das Stück ist als Schuhleistenkeil anzusprechen. Im Neolithikum, in der Jungsteinzeit, nutzte man solche Schuhleistenkeile zum Spalten von Holz. Aus den bei Rodungen niedergelegten Baumstämmen ließen sich auf diese Weise – in Ermangelung von Sägen – Spaltbohlen oder Bretter herauslösen.

Der Schuhleistenkeil von der Burg Wahlmich hatte, bis er bei den Grabungen auf der Burg Wahlmich geborgen werden konnte, schon eine lange Geschichte erlebt: In der Jungsteinzeit war er Teil eines Werkzeugs zur Holzbearbeitung. Im hohen Mittelalter dürfte das Artefakt nach einem stärkeren Regen aus dem Erdreich gespült worden sein. Zu diesem Zeitpunkt sprach man solche Fundstücke als „Donnerkeile“, also als die Spitzen von Blitzen an. Da nach damaliger Überzeugung der Blitz niemals an einer Stelle mehrfach einschlägt, verbaute man die vermeintliche Blitzspitze als Blitzschutz in die Giebel besonders exponiert stehender Gebäude. Im Falle von der Burg Wahlmich dürften diese vollständig aus Holz und Stroh bestanden haben. Der in völlig anderem Zusammenhang wiederverwendete Schuhleistenkeil gelangte bei der Niederlegung der Burg im Jahre 1267 in den Boden.

Ähnliche Donnerkeile fanden sich bei den Grabungen im Kloster Elisabethenzell bei Rieneck im Bereich des Prioratshauses. Ein weiterer Schuhleistenkeil stammt vom hölzernen Wohnturm der Ketzelburg bei Haibach.

Fragment des Schuhleistenkeils von der Burg Wahlmich bei Waldaschaff, Fd.-Nr. 333