Leben in Ruinen

Das Fragment von der Burg Wildenstein zeigt den Kurfürsten und Erzbischof von Mainz zu Pferde. Ursprünglich war die Kachel mit einem schwarzbläulichen Überzug versehen und wirkte wie eine eiserne OfenplatteAus der Mitte des 17. Jahrhunderts stammen die in jüngster Zeit auf der Burg gefundenen Kacheln. Sie gehörten zu einem Ofen mit gusseisernem Unterbau. Mit seinen vermutlich an der Lahn gegossenen Ofenplatten zählte der Ofen nicht nur zu einer besonders robusten und zugegebenermaßen auch teueren Gattung von Kachelöfen. Mit seinem keramischen Aufsatz vereinigte er zugleich die Vorzüge von Eisen- und Kachelöfen: die rasche Wärmeabgabe und die lange Wärmespeicherung. Besonderes Interesse verdient eine große Blattkachel mit einem reitenden Kurfürsten. Nach dem dreißigjährigen Krieg repräsentierten acht Kurfürsten nach dem Kaiser das Römische Reich Deutscher Nation. Durch das Speichenrad auf der Pistolentasche gibt sich das am besten erhaltene Wildensteiner Relief als Darstellung des reitenden Kurfürsten zu Mainz zu erkennen.

 

Verbreitung der Serie der Kurfürsten zu Pferde Ettlinger Art. Karte: Spessart-GIS (.pdf)

Von den fünf bislang bekannten Serien mit reitenden Kurfürsten ist die vorliegende hauptsächlich am Oberrhein und im Elsass verbreitet. Funde aus Miltenberg und Eschau legen jedoch nahe, daß die Motive auch mainaufwärts verhandelt wurden. Eine Vorstellung vom ursprünglichen Aussehen eines solchen Kurfürstenofens gibt uns ein Kachelofen, der heute im Universitätsmuseum in Marburg aufgestellt ist. Der Kombinationsofen mit den reitenden Kurfürsten ist zudem ein Zeitdokument für die Geschichte der Burg Wildenstein. Seine Reste fanden sich am Fuße des Burgturms, der noch in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts als Wohnstatt des Burgvogtes diente. Seine Zerstörung dürfte mit dem endgültigen Auszug des letzten Burgbewohners einhergegangen sein.