Ludwig Emil Grimm (Hanau 1790 – Kassel 1863)
Erinnerungen aus meinem Leben, darin eine Reise durch den Spessart 1828
…den 2. April morgens früh sechs Uhr fuhren wir aus der Stadt … es dauerte nicht lange, so waren wir in den Bergen, auf den Höhen und im Wald des berühmten und berüchtigten Spessarts … es fehlte nicht an malerischen Partien … eine Bauersfrau war ganz in dunkles Rot gekleidet, und nur die Strümpfe hatten Zwickel von andern Farben, und eine Mütze war mit Gold gestickt … da fanden wir einen malerischen alten Mann, der betete seinen Rosenkranz … wir kamen in ein schönes Tal, die Sonne fing schon an zu sinken, da stand ein Bauernjunge mit seinem langen, dünnen, hölzernen Horn und hütete die Schweine. Wir sprachen mit ihm und baten auch, er möchte einmal blasen … es war etwas ganz Eigentümliches in der posaunenartigen Musik, was man gerne hätte festhalten mögen, Melodien, die einem das Innerste recht ansprachen … ein Mann kam uns entgegen … langsam, mit seinem bespannten Ackerpflug … eine große schöne Gestalt, ein wahres Apostelgesicht, die Leinwand, worin er den Samen hatte, über die Schultern … das warme Abendlicht lag auf dem Feld und den dunkelblauen Bergen. Das Bild war einfach, aber groß …