Für die zeitliche, funktionale und soziale Einordnung archäologischer Befunde ist das Fundmaterial von großer Bedeutung, ganz besonders in einem Fall wie dem des Ringwalls bei Biebergemünd-Wirtheim, bei dem die Aussagekraft der ergrabenen Befunde sehr begrenzt ist. Die während der Ausgrabungen geborgenen Artefakte stellen oftmals die einzige historische Quelle zur Nutzungsgeschichte des Denkmals dar.

Bei den Grabungen auf dem Ringwall bei Biebergemünd-Wirtheim im Jahre 2014 konnten gerade einmal 103 Fundnummern vergeben werden. Dafür weisen die Funde zeitlich ein breites Spektrum auf, zwischen den ältesten, mesolithischen Abschlägen, und den jüngsten, Übungsmunition aus Kunststoff, liegen mehrere tausend Jahre. Grundsätzlich ist zu beobachten, dass die mesolithische und die frühmittelalterliche Periode deutliche Massierungen aufweisen.

Die mesolithische Begehung des Areals kann anhand von 13 in den Schnitten 1 und 4 gefundenen Silexabschlägen nachgewiesen werden. Zugehörige Befunde existieren nicht. Die zwischen 0,5 cm und 4 cm großen Mikrolithen dürften überwiegend der Wirtheimer Gruppe zuzuordnen sein und dementsprechend ins 9. und 8. vorchristliche Jahrtausend datieren1.

Das frühmittelalterliche Fundgut setzt sich überwiegend aus Keramikfragmenten zusammen. Es herrscht unter diesen eine einfache handgemachte Irdenware vor, die grob mit Sand gemagert und fast ausschließlich oxidierend gelb gebrannt ist. Überwiegend handelt es sich dabei um Kochgeschirr, jedoch lassen drei Stücke auch einen Standboden erkennen und sind als Vorrats- oder Tischgefäße vorstellbar. Es ist nur ein Randstück mit einfach ausgezogenem Rand vorhanden. Auffällig ist eine grob gemagerte, aber oxidierend rot gebrannte Ware, von der nur wenige sehr dünnwandige Scherben vorliegen. Sie dürfte auf der schnelldrehenden Töpferscheibe hergestellt worden sein und ist dem Hoch- oder Spätmittelalter zuzuordnen. Außerdem kommt eine sehr dickwandige und extrem grob gemagerte, graue Irdenware mit wenigen Scherben vor. Die wenig spezifischen Keramikfunde sind nach erster Übersicht in das ausgehende Frühmittelalter, vorwiegend ins 9./10. Jahrhundert zu setzen. Als Sonderfund ist eine keramische Murmel zu nennen, die in Schnitt 4 gefunden wurde.

Neben den Keramiken kommen einige Eisenobjekte vor, von denen die meisten aufgrund starker Korrosion nicht identifiziert werden können. Aus der Menge von insgesamt 19 Objekten stechen drei kleine (Schuh-)Nägel, ein größerer Nagel, eine Messerklinge sowie zwei Teile, bei denen es sich um Gürtelbeschläge handeln könnte, heraus.

Auch nachdem die Befestigung aufgegeben worden war ist das Areal immer wieder aufgesucht und genutzt worden. Dies zeigen vor allem einzelne Fundstücke an, die in verschiedene Zeithorizonte gesetzt werden können. Scherben von relativ hart gebrannten Keramikgefäßen mit geriffelter Wandung stammen aus dem Spätmittelalter, mehrere Stücke gelb glasierter Keramik aus nachmittelalterlicher Zeit. Daneben ist auch ein Hufeisen aus dem Spätmittelalter oder der Frühneuzeit zuzuordnen. Des weiteren weisen mehrere gefundene Musketenkugeln eine jagdliche Nutzung des Areals ab dem 17. Jahrhundert nach.

Wie bei vielen anderen Bodendenkmälern hat der Zweite Weltkrieg auch am Ringwall bei Biebergemünd-Wirtheim Spuren hinterlassen. Mit einer Reihe von Granatsplittern sind diese vergleichsweise schwach. Doch auch die Zeit nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist im Fundmaterial repräsentiert. Vor allem Übungsmunition lässt es möglich erscheinen, dass der Ringwall Mitte des 20. Jahrhunderts für Militärübungen genutzt worden ist.


Harald Rosmanitz, Partenstein, 2016

  1. Surendra K. Arora, Die mittlere Steinzeit im westlichen Deutschland und in den Nachbargebieten, Bd. 2, (Beiträge zur Urgeschichte des Rheinlandes) 1976.