Platzhalter_weiß_360x50Über die Birkenhainer in die Welt

Ein Fuhrmann vor dem archäologischen Befund der Birkenhainer StraßeDie Erforschung einer Straßenlandschaft

7. Symposium zur Burgenforschung im Spessart

in 63639 Flörsbachtal-Lohrhaupten, Bürgersaal, Hauptstraße 2
vom 06. bis 08. November

Platzhalter_weiß_360x50Eine Tagung des Archäologischen Spessartprojekts – Institut an der Universität Würzburg mit Unterstützung der Gemeinde Flörsbachtal und der Kreissparkasse Gelnhausen

Fernhandelswege bilden in Zeiten der Globalisierung das Rückgrat des internationalen Wirtschaftsraumes. Dem Straßenverkehr kommt dabei im regionalen, nationalen und kontinentalen Güteraustausch große Bedeutung zu. Er beeinflusst die Gestaltung und den Wandel der rezenten Kulturlandschaft nach wie vor maßgeblich. Der Individualverkehr bildet eine weitere, heutzutage ebenso wichtige Ebene des Infrastrukturelements „Straße“. Dank der seit nunmehr 25 Jahren außerordentlich stabilen politischen Situation nimmt die militärische Bedeutung der Straße im allgemeinen Bewusstsein ab. Andere Funktionen, wie zum Beispiel die Informationsübermittlung, sind im digitalen Zeitalter hingegen nahezu vollständig vom Straßennetz losgelöst. Wieder andere, wie die Bezollung/Besteuerung, gewinnen an Aktualität. Mit der „Straße“ wurde anlässlich der Tagung in Lohrhaupten ein Kulturelement beleuchtet, welches nicht nur in unserer schnelllebigen Zeit in stetem Wandel begriffen ist. Aufgrund seiner ökonomischen, politischen, administrativen, militärischen, kommunikativen und individuellen Dimension war es schon immer Objekt verschiedenster Funktionen und daran geknüpfter Interessen.

Die ergrabenen Flächen der Klosters Elisabethenzell 2013 aus der VogelperspektiveAnlass für die Tagung waren die 2012 begonnenen archäologischen Ausgrabungen an der Birkenhainer Straße, dem größten hochmittelalterlichen Bodendenkmal im Spessart und einem der größten in Bayern. Auf einem schmalen Bergsattel gelegen, beherrschte das Kloster Elisabethenzell die Fernstraße und damit den auf ihr verlaufenden Verkehr. Die Lage als Rast- und möglicherweise auch als Zollstation war strategisch äußerst günstig gewählt. Je nach Wegeziel unmittelbar am Abstieg zum oder Aufstieg vom Main positioniert, stand dem wirtschaftlichen Erfolg des Klosters bei einer starken Nutzung der Straße nichts mehr im Wege. Im Konflikt mit den westlichen Nachbarn, den Herren von Hanau, in deren Territorium das nördliche Ende der Birkenhainer Straße nach dem Erbschaftsstreit in den 1330er Jahren lag, kam der Handelsverkehr weitgehend zum Erliegen. Auch fiel der Zugriff auf Teile der Eisenerzlagerstätten bei Steinau an der Straße weg. Dies bedeutete letztlich das Aus für die kontinuierliche Besiedelung der hochmittelalterlichen Rodungsinsel mitten im Spessart. Trotz günstiger archivalischer Überlieferung blieben in den Schriftquellen wesentliche Ereignisse, wie der Ausbau des Fernhandelsweges oder die Niederlegung der Anlage im Jahre 1333 unerwähnt. Ihrer Bedeutung konnte erst durch die Ergebnisse der archäologischen Untersuchungen Rechnung getragen werden. Anlässlich der Tagung wurde zudem der 2013 im Friedhof des Klosters entdeckte Münzschatz erstmals der Öffentlichkeit präsentiert.

Vortragsprogramm
Donnerstag, 06. November 2014
09:00 – 10:00 Einführende Keynotes:
Dr. des. Johannes Litzel (Halle/Saale): Altstraßen – Eine Positionsbestimmung und ein früher Nekrolog auf eine sterbende Befundgruppe aus archäologischer Sicht
Dr. Gerhard Ermischer (Aschaffenburg): Verkehrslandschaft Spessart – Eine europäische Drehscheibe jenseits von Armut, Wald und Räubern
10:00 – 10:30 Grußworte:
Erich Pipa, Landrat des Main-Kinzig-Kreises
Frank Soer, Bürgermeister der Gemeinde Flörsbachtal
Gerhard Kleespies, Vorsitzender der Kreissparkasse Gelnhausen
Dr. Gerhard Ermischer, Vorsitzender des Archäologischen Spessartprojekts
10:30 – 11:00 Kaffeepause
Themenblock I: Fernhandelsstraßen als europäisches Phänomen
11:00 – 11:30 Dr. Christiane Kärcher (Graz): Europäische Fernwege von der Spätantike bis in die Frühe Neuzeit – Ein Forschungsbericht
11:30 – 12:00 Ulrike Steinkrüger M.A. (Münster): Der „westfälische Hellweg“ und seine Bedeutung als Handels- und Pilgerstraße
12:00 – 12:30 Dr. Gerrit Himmelsbach (Hösbach): Wege frühneuzeitlichen Viehhandels
12:30 – 14:00 Mittagspause
Sektion 1
Themenblock II: Fern- und Regionalstraßen als Aufgabe der Heimatforschung
14:00 – 14:30 Martin Held (Erlbach): Frühmittelalterliche und während oder nach der Besiedlung entstandene Wege auf der Frankenhöhe
14:30 – 15:00 Bernd Schätzlein (Helmstadt): Die Vorläufer der A3 – Historische Fernstraßen auf der Marktheidenfelder Platte
15:00 – 15:30 Gertrud Nöth M.A. (Esselbach): Triefenstein – Schlüsselstelle an der Via Publica
15:30 – 16:00 Kaffeepause
16:00 – 16:30 Jochen Heinke (Stetten/Rhön): Alte Straßenverbindungen zwischen der Rhön und dem Spessart
16:30 – 17:00 Andrea Jakob und Torsten Lämmerhirt (Meiningen): Straßenverlauf und Wegbegleiter an der großen Nord-Süd-Verbindung der B4 zwischen Eisfeld und Coburg
17:00 – 17:30 Achim Fuchs (Meiningen): Stand und Aktivitäten der Altstraßenforschung in Südthüringen
Sektion 2
Themenblock III: Die Birkenhainer Straße und die Via Regia
14:00 – 14:30 Dr. Burkhard Kling (Steinau a.d. Straße): Die Straße führt ins Museum
14:30 – 15:00 Claus Bergmann M.A. (Gelnhausen): Straßen und Wege – Eine Herausforderung an die Denkmalpflege
15:00 – 15:30 Horst Winkler (Wirtheim): Mittelalterliche Wege im Bereich von Wirtheim
15:30 – 16:00 Kaffeepause
16:00 – 16:30 Dr. Wolfgang Vorwerk (Bremen): Die Einbindung der Birkenhainer Straße in die frührömische Wegeplanung zwischen den beiden Zweilegionenlagern Mainz und Marktbreit
16:30 – 17:00 Paul Reinert und Udo Weiss (Lohrhaupten): Die Birkenhainer Straße als Impulsgeber für die Region – auch nach 1333
Festvortrag
17:30 – 18:30 Prof. Dr. Dietrich Denecke (Göttingen): Historische Geographie und Archäologie der Altstraßen: Erfassung, Untersuchung, Schutz und Nutzung
anschließend Weinumtrunk auf Einladung der Gemeinde Flörsbachtal
Freitag, 07. November 2014
Themenblock IV: Die Birkenhainer Straße und ihr Umfeld
09:00 – 09:30 Prof. Dr. Helmut Flachenecker (Würzburg): Prämonstratenser in Franken. Zur Geschichte des Klosters Einsiedel
09:30 – 10:00 Bruno Schneider (Burgsinn): Capellam Sanctae Elizabeth – Die Urkunden zur Geschichte des Klosters Elisabethenzell
10:00 – 10:30 David Enders B.A. (Lohrhaupten): September 1333: Hanau versus Rieneck – Eine archäologische Spurensuche
10:30 – 11:00 Kaffeepause
11:00 – 11:30 Harald Rosmanitz M.A. (Partenstein): Rodungsinsel, Kloster, Raststation – Die Ausgrabungen auf dem Kloster Elisabethenzell
11:30 – 12:00 Sabrina Bachmann B.A. (Heimbuchenthal): Die Bestattungen im Kloster Elisabethenzell
12:00 – 12:30 Rahel Ackermann M.A. (Bern): Münzen in mittelalterlichen Gräbern
12:30 – 13:00 Ingbert Roth (Ruppertshütten): Das Kloster Elisabethenzell als Aufgabe der Zivilgesellschaft
13:00 – 14:30 Mittagspause
Themenblock V: Die Birkenhainer Straße aus geographischer und naturwissenschaftlicher Sicht
14:30 – 15:00 Dr. des. Johannes Litzel (Halle/Saale): Ein Fenster ins 14. Jahrhundert – Die Schnitte durch die Birkenhainer Straße beim Kloster Einsiedel
15:00 – 15:30 Dipl.-Geogr. Christian Büdel (Würzburg): Physisch-geographische Befunde der mittelalterlichen Klosteranlage Elisabethenzell an der Birkenhainer Straße im Spessart
15:30 – 16:00 Dr. Jens Brauneck (Kaiserslautern): Vermessung und Grabungsdokumentation mittels digitaler Photogrammetrie
16:00 – 16:30 Kaffeepause
16:30 – 17:00 Dr. Jürgen Jung (Aschaffenburg): Airborne Laserscanning (ALS) und die Altwege in der Umgebung von Spessartburgen
17:00 – 17:30 Prof. Dr. Barbara Sponholz (Würzburg): Die mittelalterliche Siedlung Karlburg am Main – Ein Zwischenbericht aus geographischer Perspektive
17:30 – 18:00 Abschlussdiskussion
Samstag, 08. November 2014
Exkursion: Unterwegs auf der Birkenhainer Straße und der Via Regia
09:00 – 18:00 Steinau an der Straße: Straße und Straßenmuseum
Wirtheim: Die Via Regia und die Zuwegungen von der Birkenhainer Straße; der frühmittelalterliche Ringwall
Bieber und das Wiesbüttmoor: Bergbauspuren am Spessartrand
Kloster Elisabethenzell: Eine Raststation an der Birkenhainer Straße
Einkehr und Abschluss in der Waldschänke Bayerischen Schanz

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Hier finden Sie eine Zusammenfassung der Vorträge als PDF


 Impressionen

Technische Vorbereitungen: Unser Chef Gerhard trug persönlich Sorge für einen reibungslosen Ablauf.
Johannes Litzel eröffnete mit seinen Keynotes das Vortragsprogramm.
Der Bürgersaal in Lohrhaupten war schon zu Beginn der Tagung gut gefüllt - und sollte es bleiben.
Referent plus Wischmob: Neue Erkenntnisse und Aspekte werden noch während des Vortrags ins Tablet eingespeist.
Gerhard Ermischer übernahm den zweiten Teil der einführenden Keynotes.
Erst nachdem die Teilnehmer und Besucher auf das Tagungsthema eingestimmt waren, wurden die offiziellen Grußworte gesprochen. Hier von Landrat Erich Pipa.
Auch Gerhard Kleespies, Vorsitzender der Kreissparkasse Gelnhausen und wichtiger Unterstützer der Tagung, begrüßte die Gäste und Referenten.
Und nach einem Kaffee: In medias res!
Mittlerweile wurde auch der (eigentlich geschlossene) hintere Saalteil von den zahlreichen Zuhörern okkupiert.
Am Nachmittag wurde das Programm sogar geteilt. Eine Parallel-Sektion fand in den Büroräumen des ASP im gleichen Gebäude statt.
Der Festvortrag: Professor Denecke aus Göttingen überzeugte mit seinem Wissen und seiner Erfahrung in Sachen Altstraßenforschung.
Der zweite Tag war gänzlich der Birkenhainer Straße und dem Kloster Elisabethenzell gewidmet. Bruno stellte die Urkundenüberlieferung dar.
Anschließend ging David auf die historische Rahmensituation ein, die zur Zerstörung des Klosters und zum Niedergang der Handelsstraße führte.
Immer von größter Wichtigkeit: Die Pausen - für Fachgespräche wie Smalltalk, bei Kaffee und Snacks.
Der Andrang am Buffet als Indikator für den Erfolg einer Tagung? Hier schon.
Die freiwilligen Helfer in Küche und Theke hielten ihm stand, ohne dass es an etwas fehlte.
Frisch gestärkt zur Archäologie des Klosters Elisabethenzell: der Grabungsleiter Harald bei seinem Vortrag.
Auf Karten des 16. Jahrhunderts ist die Klosterruine noch eingetragen - eine Steilvorlage für die Archäologen.
Bianca war die Ansprechpartnerin am Tagungsbüro - unterstützt durch Robert.
Der Nachmittag widmete sich der Birkenhainer Straße. Deren Konstruktionsweise stellte Johannes Litzel vor.
Christian steuerte geomorphologische Aspekte zur Straße bei.
Bis zum Ende blieb das Interesse bei Wissenschaftlern wie Einheimischen groß.
Käffchen zum Wachbleiben?
Résumé der Organisatoren mit dem Nestor der Altstraßenforschung in ihrer Mitte.
Mit der Exkursion gab es samstags die Möglichkeit, sich nach zwei Tagen im Sitzen die Beine zu vertreten. Den Anfang machte das Straßenmuseum in Steinau a.d. Straße.
Hier konnte ein neuzeitliches Straßenpflaster im konservierten archäologischen Befund bestaunt werden.
Weiter gings nach Wirtheim, wo Horst die hier zusammenlaufenden Altstraßen erläuterte.
Professor Denecke konnte weitere Anmerkungen zu diesem Knotenpunkt an der Via Regia beisteuern.
Am Wiesbüttmoor erläuterte Jürgen den Zusammenhang von Eisenerzvorkommen und Birkenhainer Straße.
Kaffeeoase im Wald: Die Helfer der ArGe "Kloster Einsiedel" hatten zur Besichtigung der dortigen Grabung eine Stärkung organisiert.
Das durchwachsene Wetter konnte niemanden davon abhalten, sich Kloster Elisabethenzell anzuschauen...
...und direkt daneben die freigelegten Reste der Birkenhainer Straße.
Der mit Sanierung der Kirchenmauern erste umgesetzte Teil des Archäologischen Parks fand Anklang und regte zur Diskussion an.
Nach drei Tagen Burgensymposium: erschöpft (links, Harald) aber mit Verlauf und Ergebnis der Veranstaltung zufrieden (rechts, Gerhard)