Versorgung einer Burg mit Frischwasser. Fresko in der Dominikanerkirche in Bozen/Südtirol, Stiftung des Herren von Castelbarco, Veroneser Meister 1379

Versorgung einer Burg mit Frischwasser. Fresko in der Dominikanerkirche in Bozen/Südtirol

Ein treuer Esel

Die Mönche des Klosters Einsiedel lebten von den Erträgen des kargen Bodens; ihren Wasserbedarf mussten die Einsiedler von der Gespringsquelle, die im Fließenbachtal liegt herbeischaffen. Da der Weg vom Einsiedel zur Quelle sehr beschwerlich war, hielten sich die Klosterinsassen einen Esel, der unter Führung eines Mönches das unentbehrliche Wasser zum Kloster Einsiedel bringen musste. Heute noch heißt die Waldabteilung der „Eselsküppel“ und der Pfad „Eselspfad“. Bald fand der Esel den Weg allein. Im Fließenbachtal hütete der Gänsehirt von Rieneck alltäglich seine Gänse und kam immer zur Quelle. Da füllte er dem Esel zwei Holzfässer mit Wasser und band sie ihm auf den Rücken und der treue Esel ging bergauf zum Kloster.

Eines Tages kehrte der Esel nicht mehr zum Kloster zurück und die Mönche suchten die Waldabteilung nach dem treuen Tier ab. Da fanden sie den Esel auf halben Wege zur Quelle mit gebrochenem Bein. Sie brachten ihren treuen Helfer zum Einsiedel und pflegten ihn bald wieder gesund. Da verrichtete der Esel wieder seine gewohnte Arbeit.

Aber eines Tages kehrte er wieder nicht zurück. Da fanden ihn die Mönche am nächsten Tag krank und matt an der Quelle liegend. Sein Helfer, der es immer so gut mit ihm meinet, der Gänsehirt war gestorben. Und niemand lud dem Esel die Wasserfässer auf den Rücken; aber ohne Wasser wollte der Esel zu den Mönchen nicht zurück. Diese wiederum brachten ihren treuen Esel zum Kloster zurück, doch diesmal versagte alle Heilkunst der frommen Mönche; nach wenigen Tagen mussten sie dem treuen Helfer das Grab schaufeln.

Bald darauf starb auch der letzte Mönch und nach und nach zerfiel auch das Kloster.

Die Irrglocke wies den Menschen den Weg

Man erzählt im Volksmund, dass die wilden Horden des 30jährigen Krieges das Kloster zerstört hätten. Von den zwei Glöcklein, die Elisabethzell besaß, ist das eine nach Ruppertshütten, das andere nach Schaippach gekommen, wo es heute noch seinen Klang ertönen lässt. Die Lohrer Stadtgeschichte berichtet, dass seit dem Jahre 1186 abends um 8 Uhr die Irrglocke geläutet werde, um verirrte Wanderer auf den rechten Weg zu rufen. Auch ein Graf von Rieneck soll sich einmal im großen Spessartwalde verirrt haben. Aus Dankbarkeit soll er dann diese Kapelle erbaut haben und besetzte sie mit Mönchen, damit sie zu den Tageszeiten die Glocke läuteten für Jäger, Waldleute und das fahrende Volk.


Aus: Heinrich Lutz, Sagen und Geschichten vom Landkreis Gemünden, Gemünden 1964.