Des Bischofs neue Öfen –
Ladenburg als Zentrum der Kachelherstellung im Rhein-Neckar-Raum

Vortrag von Harald Rosmanitz am Donnerstag, den 03. Dezember 2020 um 19.00 Uhr

im Ladenburger Domhofsaal, Hauptstr. 7 in 68526 Ladenburg

Ladenburg kann auf ein langes, kulturelles Erbe zurückblicken. Grabungen im 20. und 21. Jahrhundert haben zahlreiche Zeugnisse der langen Besiedlung der Stadt ans Tageslicht gefördert. Prägend für die heutige Silhouette der Stadt sind die Bauwerke aus dem Mittelalter und der Neuzeit. Besonders markant zeichnet sich die ehemalige Residenz des Bischofs von Worms ab.

Aus der schier unüberschaubaren Flut von archäologischen Artefakten heben sich die Reste von reliefierten Ofenkeramiken ab. Sie bilden in den jüngsten Siedlungsphasen das Gros der Fundstücke. 2020 konnten im Lobdengau-Museum 574 dort aufbewahrte Fragmente erfasst werden. Annähernd alle stammen vom Bischofshof und belegen dort eine ungebrochene Heiztradition mit Kachelöfen zwischen dem ausgehenden 14. und 17. Jahrhundert. Viele Kacheln wurden in der Feuerleitgasse 10 gefertigt. Hier lieferten die Grabungen des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg im Jahre 2014 zahlreiche Produktionsbelege. Im Rahmen seines bebilderten Vortrags geht der Kunsthistoriker und Archäologe Harald Rosmanitz vom Archäologischen Spessartprojekt auf die prunkvollen Öfen ein, die einst die Repräsentationsräume des Wormser Bischofs zierten. Wappen, Versinnbildlichungen von Tugenden und Künsten, Tiere und Ornamente wurden auf den Heizkörpern zu einem stimmigen Gesamtbild vereint. Herrschende Moderichtungen fanden in das Bildprogramm ebenso Eingang wie Vorstellungen zur persönlichen Repräsentanz.

Die Ladenburger Kacheln sind in einen größeren Zusammenhang zu stellen. Der Handelsplatz Frankfurt am Main erwies sich dabei ebenso als Trendsetter wie Werkstätten in Dieburg und Speyer. Auch die Hofhaltung der Kurfürsten von der Pfalz in Heidelberg blieb nicht ohne Auswirkung auf den Bischofssitz in Ladenburg.

Ein Gutteil der Kacheln wurde vor Ort gefertigt. Damit entfielen teure Transportwege. Man darf davon ausgehen, dass der Bischof die Kachelproduktion ganz bewusst am Ende des 14. Jahrhunderts in Ladenburg ansiedelte. Aufgrund der Anbindung an Fernwege und das Flußsystem Rhein-Neckar entwickelten sich diese Töpfereien bald zur Drehscheibe der gesamten Kachelfertigung der Region. Für annähernd 200 Jahre wurde in Ladenburg beispielsweise ein Gutteil jener Kacheln produziert, die später in Heidelberg zu Öfen zusammengefügt wurden. Dieser bedeutende Bestandteil der Wirtschaftsgeschichte Ladenburgs war erst auf Grundlage der Auswertung der hier gefundenen Kacheln möglich. Mit dem Ersatz keramischer Raumheizungen durch gusseiserne Öfen im 18. und 19. Jahrhundert verlor das Handwerk rasch an Bedeutung.

Die kleinen Reliefs sind jedoch nicht nur wirtschaftshistorisch von Interesse. Sie geben uns eine gute Vorstellung von der Ausstattung der bischöflichen Residenz. Obwohl sie meist nur in kleinen Fragmenten auf uns gekommen sind, lassen sich diese doch durch Vergleiche aus anderen Museen zu kleinen Meisterwerken spätgotischer und neuzeitlicher Kunst ergänzen. In den Stücken, die mehrere Vitrinen des Lobdengau-Museums füllen, scheint auch heute noch die Freude an Innovation, gelungenem Dekor und tiefgründigen Darstellungen durch.