Leitfossil für die Funde aus den Perioden 1 bis 2 sind Koch- und Schankgefäße aus glimmerhaltiger Vorspessartware in Vergesellschaftung mit Becherkacheln mit gekniffenem Fuß. Pseudopingsdorf-Ware sowie Tüllenkannen mit glatten Standringen verfestigen die Zeitstellung des Fundguts aus diesen Perioden in das 12. Jahrhundert. Als Sonderformen sind die Fragmente eines Aquamaniles  und eines glasierten Miniaturgefäßes anzusprechen.

Bei der hochmittelalterlichen Keramik handelt es sich in der Mehrzahl um uneinheitlich gebrannte Irdenware aus hell brennendem Ton, wobei sowohl stark rötlich brennende Scherben als auch an ihrer Oberfläche und im Bruch tiefdunkle, reduzierend gebrannte Keramik im Konvolut vorhanden sind. Formal sind alle Stücke unabhängig von ihrer Tonzusammensetzung und Brenntechnik unter dem Begriff „Vorspessartware“ zusammenfassbar. Diese ist vor allem im 12. und 13. Jahrhundert westlich des Spessarts sowie an dessen Rand verbreitet. Die Vorspessartware ist für die Ketzelburg bei Haibach, für das „Alte Schloss“ bei Kleinwallstadt, für die Burg Wahlmich bei Waldaschaff sowie für die Burg Wildenstein bei Eschau archäologisch in größeren Fundmengen greifbar.

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Da der Ton der Vorspessartware nur wenig natürliche Magerungsbestandteile enthält, wurden ihm künstlich Magerungszuschläge in Form von Granitgruß, Quarzkörnchen und Glimmerpartikel zugesetzt. Eine noch ausstehende Analyse dieser Zuschlagstoffe könnte dazu beitragen, das Herstellungsgebiet der Vorspessartware genauer einzugrenzen. Bei der Zerkleinerung des Magerungsmaterials wurde wenig Sorgfalt verwandt. Die Gefäßoberfläche hat daher, bedingt durch hervortretende und ausgefallene Magerungsbestandteile, einen rauen und körnigen Charakter.

Fragmente vom Theaterplatz in Aschaffenburg und einer Töpferei in Seligenstadt sprechen dafür, dass die Vorspessartware in erster Linie in lokaler Produktion für den Eigenbedarf hergestellt wurde. Ihre Machart ist in der Regel recht grob. Dieser Keramik lassen sich auch fein gearbeitete, engobierte Stücke zur Seite stellen, die deutlich über die Region hinaus eine Verbreitung fanden. Dies trifft vor allem auf die auch für den Kugelberg nachgewiesenen Pingsdorfimitate zu. Keramik aus dem rheinländischen Pingsdorf wurde zu jener Zeit mit großem Gewinn entlang des Rheins und des Mains gehandelt. Da man – wenn man sich schon nicht das teure Original leisten konnte – zugleich über ausreichend qualitätsvolle Tonvorkommen verfügte, lag es nahe, zumindest auf den ersten Blick identische „Raubkopien“ in den heimischen Töpfereien zu fertigen. Noch wissen wir nicht, wo die Keramik tatsächlich gefertigt wurde, die auf dem Kugelberg in Gebrauch war. Keramiken aus den Grabungen auf dem Theaterplatz in Aschaffenburg weisen auffällige Übereinstimmungen in Form und Proportion auf. In jedem Fall muss es sich bei der in Frage kommenden Töpferei um einen großen Betrieb gehandelt haben, der ausreichend hochwertige Tone und Brennstoff zur Verfügung haben musste, um mit seiner Produktion den Untermain zwischen Miltenberg und Aschaffenburg zu beliefern.

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Da sämtliche Scherben vom Kugelberg kleinteilig zerbrochen waren, ließ sich die ursprüngliche Gefäßform in der Regel nicht sicher ermitteln. Wie im gesamten deutschen Raum, so war auch hier im 12. Jahrhundert das keramische Haushaltsgeschirr recht anspruchslos. Unter dem keramischen Fundgut stehen die Keramikscherben von in der Küche und an der Tafel gebrauchten Töpfen, Krügen und Bechern an erster Stelle. An Gefäßen lassen sich Kugeltöpfe und Tüllenkannen nachweisen. Die Randausformungen der kaum untergliederten Gefäße variieren nur wenig. Bei den Rändern der Kugeltopfkeramik überwiegen mäßig bis stark ausladende, abknickende Randformen mit rundlichem oder kantig abgestrichenem Randabschluss. Daneben treten steilgestellte bis mäßig ausladende, rundlich umbiegende Ränder mit rundlichem oder abgestrichenem Randabschluss sowie schlichte hohlgekehlte Ränder auf. Handhaben sind durch unterrandständige Ösenhenkel vertreten. Ausgießvorrichtungen in Form von Tüllen weisen auf Kugelkannen hin. Verzierungen fehlen weitgehend. Wellenbänder an der Gefäßwandung sind selten nachweisbar. Rollrädchenverzierungen fehlen dagegen vollständig. Dagegen wiesen einige Wandungsscherben eine Bemalung mit rotbrennender Engobe auf.  Der Anteil der Kugeltopfwaren an der Geschirrkeramik liegt auf dem Kugelberg bei über 90 Prozent und entspricht damit den Ergebnissen, die man bei der Analyse der zwischen 1160 und 1190 in Gebrauch befindlichen Keramik aus der Ketzelburg bei Haibach ermitteln konnte.

Dass die Gefäße vorwiegend als Vorrats- oder Kochtöpfe eingesetzt wurden, belegen Rußspuren auf der Außenwandung. Tüllenkannen und Becher legen nahe, dass das Geschirrepertoire auch Schank- und Trinkgefäße enthielt. Die poröse, wasserdurchlässige, aber sehr hitzebeständige Irdenware diente als Kochgeschirr. Kugeltöpfe, die unmittelbar in die Glut bzw. ans Feuer gesetzt wurden, eigneten sich besonders zum Kochen von Eintöpfen und Brei. Die rundlich geschlossene Form speichert die Hitze sehr gut und führt zu erstaunlich kurzen Garzeiten. Aufgrund seiner frühen Zeitstellung dominiert auf dem Kugelberg vor allem oxidierend hellbrennende Keramik. Allerdings war zeitgleich von Anfang an auch rot brennende sowie reduzierend gebrannte Ware im Einsatz.

Weiterführende Literatur:

Christoph Krauskopf, …davon nur noch wenige rutera zu sehen seyn sollen… Archäologische Ausgrabungen in der Burgruine Schnellerts, Bd. 1, (Kultur- und Lebensformen in Mittelalter und Neuzeit) Bamberg 1995.

Harald Rosmanitz, Töpfe massenhaft, in: Harald Rosmanitz (Hg.), Die Ketzelburg in Haibach. Eine archäologisch-historische Spurensuche, Neustadt a. d. Aisch 2006, S. 75–83.

Harald Rosmanitz, Fund(ge)schichten. Die Keramik des 13. Jahrhunderts vom Schlösschen Michelbach und den Dörsthöfen bei Alzenau, Lkr. Aschaffenburg. (masch. Manuskript), Partenstein 2010.

Magnus Wintergerst, Hoch- und spätmittelalterliche Keramik aus der Altstadt Frankfurt am Main, Bd. 18,1, (Schriften des Archäologischen Museums Frankfurt) Frankfurt am Main 2002.

Bianca Zürner, Die Vorspessartware. Typologie, Chronologie und Kontext am Beispiel der Burg Wahlmich bei Waldaschaff. (masch. Masterarbeit), Freiburg i. Br. 2018

 


© Harald Rosmanitz, Partenstein, 2019