Die Barbiepuppe des Mittelalters

Fragment des Kruselerpüppchens von der Burg WildensteinÜber das Leben der Kinder im Mittelalter schweigen die Schriftquellen. Umso wichtiger ist der Fund eines kleinen keramischen Püppchens. Das Figürchen bildete das Gegenstück zum Spielzeugritter, mit dem der männliche Nachwuchs auf seine spätere Rolle in der Gesellschaft vorbereitet wurde. Mädchen spielten mit hölzernen oder keramischen Püppchen, die in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts nach der neuesten Mode gekleidet waren. Das Haar der Puppen war von einem Kruseler bedeckt. Nach ihm werden die Püppchen auch Kruselerpüppchen genannt. Der Kruseler war eine Kopfbedeckung, die aus mehreren, übereinander gelegten Schleiern bestand, deren gestärkte, fein gekräuselte Säume als Rüschen erschienen. Leider fehlt bei dem besonders gut erhaltenen Kruselerpüppchen von der Burg Wildenstein der Kopf.

Ähnliche Stücke aus Augsburg und Nürnberg ermöglichen jedoch eine Rekonstruktion des ursprünglichen Aussehens. Die Figur wurde in einem zweiteiligen Model geformt und dann gebrannt. Ähnlich wie die Barbiepuppe repräsentierte das Kruselerpüppchen die Welt der erwachsenen Frau. Mit ihr ließ sich „feine Dame“ spielen. Aus der Welt der Puppenkinder und Puppenmütter haben sich auf der Burg weiterhin mehrere Miniaturgefäße erhalten. Murmel belegen, dass sich auf der Burg auch das Murmelspiel großer Beliebtheit erfreut haben dürfte.