Lit Streifzug 07


Rudolf Virchow
(Schivelbein 1821 – Berlin 1902)

Die Armut im Spessart (1852)

Wenn man von erhabenen Punkten aus das Land überblickt, so sieht man fast nur ein mäßiges Hügelland vor sich ausgebreitet, dessen sanft abgerundete Kuppen ziemlich dicht bei einander stehen und das auf und ab mit dem schönsten Laubwald überdeckt ist. Wie ein großer Park liegt dieser prächtige Wald, das schönste Muster deutscher Forstkultur, mit seinen Schlägen und „Kulturen“ ausgebreitet: ein fast regelmäßiger Wechsel junger und alter Bestände, deren Alter um Jahrhunderte differiert

Der berühmte Arzt Rudolf Virchow bereiste im Februar 1852 den Spessart. Im Auftrage des bayerischen Innenministeriums sollte er „die von Hungernoth bedrängten Gegenden … besuchen und den durch traurige Gerüchte als gefährdet dargestellten Gesundheitszustand der Bewohner erforschen“. Virchow war damals Professor für Pathologische Anatomie an der Universität Würzburg. Dass gerade er beauftragt wurde – übrigens vom gleichen Ministerium, das 1849 bei seiner Berufung nach Würzburg ihm noch auferlegte sich hier jeglicher politischer Betätigung zu enthalten – hatte einen besonderen Grund: Vier Jahre vorher, 1848, war er bereits in ähnlicher Mission im Auftrage des preußischen Medicinalministeriums in Oberschlesien, um dort die „Hungerpest“ zu studieren.

Virchow, der als Begründer der „Cellular-Pathologie“ in die Medizingeschichte einging, befasste sich nebenbei immer mit den Ursachen von sozialen Missständen für die Volksgesundheit. Virchow zeichnet ein genaues Bild über die damaligen Lebensbedingungen der Spessartbewohner.

Sein von den Forschern über den Spessart immer gerne zu Zitaten genutzter Bericht liegt auf unserer Website vollständig vor. Neben seinem historischen Wert durch das erhobene statistische Material ist er zugleich ein interessantes Sittengemälde der damaligen Zeit.