Lit Streifzug 13


Johann Wolfgang von Goethe
(Frankfurt a.M. 1749 – Weimar 1832)

Aus einer Reise am Rhein, Main und Neckar 1814 und 1815: Aschaffenburg und die nach München entführte Kunst:

Aschaffenburg. Auch hier finden sich altdeutsche Gemälde aus aufgehobenen Klöstern und andern, vielleicht auch von Dürer, und sonst noch wenige, aber schätzungswerte Kunstwerke. Sollte von den fast bis zur Beschwerlichkeit zahlreichen Schätzen der Hauptstadt [München] einiges hierher gebracht und eine Sammlung zu Genuss und Unterricht aufgestellt werden, so erhielte dieser wohlgelegene Ort wenigstens einen Ersatz für das, was er durch die Entfernung des Hofes verlor. Mancher Fremde würde hier gerne verweilen.

Jetzt, da die in Paris aufgehäuften Schätze wieder das Freie suchen und, über Europa ausgesäet, einzeln aufregen und nutzen, so wär´ es groß, wenn die höchsten deutschen Regierungen sich beeiferten, dasjenige mit Überzeugung und Willen tun, was die überwundene Nation sich widerwillig muss gefallen lassen: wir meinen, den Überfluss der Residenzen in die Provinzstädte zu verteilen. Nur kleinere Staaten tun wohl, ihre mäßigen Schätze beisammen aufzubewahren; große können ihren Kunstreichtum nicht weit genug herumstreuen. Dadurch werden nicht allein Künstler, sondern auch Liebhaber hervorgerufen, und je häufiger diese sind, desto mehr ist für jene gesorgt.