Der Schatz im Schlosskeller zu Bartenstein

Vor langer Zeit kamen einmal zwei Männer aus der Fremde nach Partenstein um in den Trümmern der Burg am Schlossberg nach verborgenen Schätzen zu suchen. Emsig schaufelten und gruben die Männer bis spät in die Nacht hinein nach dem besagten Schatz der sich noch immer dort befinden sollte. Plötzlich kam eine weiße Frau aus dem Gemäuer und winkte ihnen zu, ihr zu folgen. Erschrocken fassten die Schatzsucher ihren ganzen Mut zusammen und folgten der unheimlichen Gestalt zu einer schweren eisernen Kiste. Die Frau trug einen Schlüsselbund bei sich, von welchem sie einen Schlüssel entnahm und ihn den Männern entgegen hielt. Noch ehe sich die beiden versahen erschien mit einem Mal ein schwarzer Hund mit furchteregenden Feueraugen auf der Kiste. Darüber erschraken sie so sehr, dass sie bestürzt das Weite suchten und so blieb die Kiste mit dem ersehnten Schatz unberührt. Auch soll einst ein Knabe, der sich einmal die Ruinen der Burg am Schlossberg besehen wollte, einen dickköpfigen Zwerg erblickt haben. Der Knabe hatte sich darüber so sehr erschrocken, dass er schnell zurück ins Dorf rannte. Noch lange nach dieser Begegnung klang ihm das widerliche Gelächter des verwunschenen Zwerges in den Ohren. Ob der Zwerg heute noch lacht ist nicht bekannt, aber vielleicht findet der Geschichts-und Förderverein „Burg Bartenstein“ bei seinen Ausgrabungen die rote Zipfelmütze des Zwerges.

Der Schwedensturz

Viele Überlieferungen sind von der Partensteiner Burg bekannt, so auch die Geschichte vom herzlosen Soldaten und seiner gerechten Strafe. Zu Zeiten des Schwedenkönigs wurde die Burg Partenstein zerstört. Dies soll sich im Jahre 1634, als der Dreißigjährige Krieg noch in unserem Lande tobte, zugetragen haben. Die Schweden hielten auch vor der kleinen Spessartgemeinde mit dem Töten nicht ein und zerstörten das Jagdschloss, welches noch majestätisch über den Ort ragte. Alle Edelleute und Grafen waren bereits geflohen und nur noch einige Soldaten verteidigten das Anwesen der Rienecker Grafen. Die wenigen Soldaten, welche nicht dem Schwert des Feindes zum Opfer gefallen waren, gaben auf und verließen die Burg. Nur der arme Torwart blieb mit seinem Weibe und Kind in seiner bescheidenen Wohnung im Wärterhäuschen beim Schlosstor zurück. Bei ihrem Raubzug drangen zwei Soldaten auch in dieses ein, fanden aber dort nicht das Geringste, was ihre Beutegier befriedigen konnte. Sie trafen aber jedoch auf den Torwärter, den sie in ihrer Wut kurzerhand umbrachten. Als die Soldaten bereits am Gehen waren, hörte einer von ihnen das Wimmern eines Kindes. Er drehte sich um und sah ein Baby in der Wiege liegen, das den Fremden freundlich anlächelte. Der Soldat der selbst Familienvater war, dachte an die Seinen zuhause im fernen Schweden und ging an dem Kinde vorüber, ohne es anzurühren. Als der andere Soldat das lächelnde Baby in seiner Wiege erblickte, durchbohrte er es unter Verleugnung allen menschlichen Gefühls mit seinem Säbel. Dann raffte er alles zusammen, was ihm von dem Übriggebliebenen zum Mitnehmen wert schien und folgte eiligst seinen Kameraden die inzwischen durch das Tor ins Freie verschwunden waren. Suchend rannte der Kindsmörder seinem Freund nach, welcher aber bereits im aufgezogenen Nebel verschwunden war. Plötzlich hörte er eine Stimme und der Schwede folgte ihr. Der Nebel wurde immer dichter, so dass der Soldat schnell die Orientierung verloren hatte und er blind umher irrte. Dabei machte er immer noch der Stimme folgend, auf dem abschüssigen, steinigen und unbekannten Weg einen Fehltritt, überschlug sich und brach sich das Genick. Seit dieser Zeit heißt die Stelle, wo dem Barbaren die verdiente Strafe erteilt wurde „Schwedensturz“. Dort soll man auch heute noch an gewissen Tagen das Gewimmer eines Kindes hören können, dem nicht lange danach gotteslästerliche Flüche folgen.

Der Schlosshund von Partenstein

Eine der vielen Überlieferungen aus der Zeit als Grafen und Ritter in der Spessartgemeinde Partenstein lebten, ist die Geschichte von einem Schlosshund der mit feurigen Augen einen Schatz bewacht haben soll. Nach der Zerstörung der Partensteiner Burg wurde zu seiner Zeit viel über einen Schatz gemunkelt, den ein Ritter auf dem Schlossberg vergraben haben soll und der bislang noch nicht gefunden wurde. Man erzählte sich damals, dass es ein gewaltiger Schatz sein müsste, denn gerade der letzte Ritter Rolf war ein gefürchteter Raubritter gewesen, der in den umliegenden Spessartwäldern sein Unwesen trieb und vorüberziehende Kaufleute beraubte. Einst wollte ein junger mutiger Bursche unbedingt den berühmten Schatz finden und machte sich auf die Suche. Tagelang suchte er vergeblich in und bei der Ruine danach und als er bereits aufgeben wollte, fand er nicht weit von den Mauerresten des Burgturms  einen versteckten Eingang. Frohen Mutes kroch der junge Bursche in die kleine Öffnung und folgte einem unterirdischen Gang, der, je weiter er ihm folgte immer breiter und heller wurde. Plötzlich erblickte er vor sich ein Funkeln und er ging schnellen Schrittes auf das Licht zu. Doch auf halbem Wege erkannte er einen riesigen Hund, dessen Augen wie zwei glühende Kohlen leuchteten, welcher am Ende des Ganges in einer Grotte auf einer schweren eisenbeschlagenen Truhe saß. Der junge Mann bekam es mit der Angst zu tun und rannte so schnell er konnte ins Dorf zurück. Dort angekommen erzählte er den Bewohnern was ihm auf dem Schlossberg widerfahren war. Daraufhin fassten einige Männer all ihren Mut zusammen und beschlossen gemeinsam das Ungeheuer zu überwältigen und den Schatz zu heben. Wie geplant machten sie sich auf den Weg hinauf zum Schlossberg, doch sie kehrten weder am Abend noch an den folgenden Tagen zurück. Von da an mieden die Partensteiner die nähere Umgebung der ehemaligen Burg. Die Stelle wo sich angeblich der Eingang zum Schatz befinden soll ist heute zugefallen und von Gras überwachsen. Nur eine Mauer und die Turmruine erinnern  noch an die Sage von dem Schlosshund mit den funkelnden Augen. Doch manchmal soll man heute noch des Nachts sein Heulen hören können. Vielleicht kommt er bei den Grabungen am Schlossberg zum Vorschein und wird für alle Zeiten Ruhe geben.

Das raue Treiben vom Ritter Rolf

Zur Zeit des Raubrittertums hauste auf der Burg Partenstein Ritter Rolf, der ein schöner großer Mann war. Nur sein Auge blickte tückisch und gab ihm ein abstoßendes Aussehen. Er vertrieb sich die Zeit mit Jagd in den großen Forsten und am Abend betrank er sich mit goldenem Frankenwein. Bei seinen Streifzügen erblickte er einst die schöne Agnes, die Tochter eines alten Waldhüters, der mit ihr in einer Hütte an der Lohr lebte und die Aufsicht über die Forsten der Stadt übte. Agnes gefiel dem Ritter überaus und auch sie sah den schmucken Mann gern. So kamen sie eines Tages in ein Gespräch und von da an besuchte der Ritter Agnes öfters, wenn ihr Vater nicht zuhause war. Eines Abends nun vergaß das Mädchen in seinen Armen die Gebote der Sitte und Ehre. Bald gewahrte sie die Folgen ihres Fehltrittes und große Angst vor ihrem strengen Vater erfasste ihr Gemüt. Da stieg das Mädchen den steilen Weg zur Burg hinan und verlangte Zutritt zu dem Ritter, der ihr auch gewährt wurde. Der stolze Mann empfing sie mit gerunzelter Stirn und hörte anfangs ruhig ihre Klagen an. Als sie ihn aber bat ihr  die verlorene Ehre wiederzugeben und ihn an seine heiligen Schwüre erinnerte, erboste er. Er griff das zarte Mädchen und schleuderte es vom Söller in die Tiefe. Ihren Verführer verfluchend hauchte sie dort ihre Seele aus. Von dieser Zeit an erfasste eine große Unruhe das Gemüt des Ritters. Tage lang strich er auf der Jagd in den nahen Waldungen umher und jede Nacht war er des süßen Weines voll. Da ihm dieses Treiben keine Zerstreuung mehr bot, ergab er sich dem Raubrittertum, lagerte mit seinen Leuten in den Waldungen um Lohr und fing die Kaufleute ab, die Waren von Würzburg nach Aschaffenburg brachten. Diese mussten entweder hohes Lösegeld zahlen oder sie kamen jämmerlich in den Kerkern der Burg Partenstein um. Das kam nun seinem Lehensherren, dem Grafen von Rieneck zu Ohren und als Ritter Rolf trotz seiner Mahnungen sein Treiben fortsetzte, kündigte  ihm der Graf die Fehde an. Er zog mit seinen Mannen vor die feste Burg und belagerte sie vier Wochen lang. Nach dieser Zeit gelang es den Belagerern in dieselbe einzudringen und die Besatzung niederzumachen. Ritter Rolf verteidigte sich tapfer, wurde aber endlich von der Übermacht auf den Söller gedrängt. Verwundet und von allen Seiten bedrängt, wagte er in seiner schweren Rüstung den Sprung in die grausige Tiefe, wo er zerschmetterte. Die Burg wurde nun der Erde gleichgemacht und nur ein einziger Pfeiler blieb als Wahrzeichen stehen. Später erzählte man sich, man könne den so elend umgekommenen Raubritter in Vollmondnächten auf den Trümmern der Burg sitzen sehen und ihn wilde Worte und grausige Flüche in das stille Lohrtal hinabrufen hören.

Die „Sagenhafte“ weiße Frau vom Schlossberg

Das Partensteiner Schloss, von dessen einst gewaltigen Mauern heute eine Ruine und zahlreiche Funde an die Zeiten der Grafen von Rieneck erinnern, war früher Mittelpunkt von Sagen, die man sich in stürmischen Nächten gern erzählte. Die Hauptperson der zahlreichen Überlieferungen ist sicher die „Sagenhafte“ weiße Frau, welche auch heute noch bei Festlichkeiten der Gemeinde Partenstein in ihrem weißen Gewand in Erscheinung tritt. Bereits im 12. Jahrhundert waren die Grafen von Rieneck im Spessart reich begütert. Zahlreiche Burgen und Schlösser in der Umgebung nannten sie ihr eigen, unter anderen auch die Burg Partenstein. Im 16. Jahrhundert erlosch der Mannesstamm des Geschlechts der Rienecker und die Burg fiel im 30-jährigen Krieg den Schweden zum Opfer. Nach ihrer Zerstörung feierten die Protestanten allmorgendlich ihren Gottesdienst in den Ruinen der Burg. Am Nachmittag spielten dort Kinder und an den Wochenenden traf sich die Jugend am Schlossberg zum Tanz. Eines Abends soll während einer Tanzveranstaltung eine hohe, gebieterische, weiß gekleidete Frau erschienen sein, welche vom Schlosshahn und der Schlosskatze begleitet wurde. In ihrer rechten Hand trug sie einen schweren Schlüsselbund und mit ihrer linken winkte sie den überraschten Tänzerinnen und Tänzern zu. Diese waren über die unheimliche Erscheinung so erschrocken und keiner von ihnen traute sich der weißen Frau zu folgen. Man nahm an, dass die sonderbare Gestalt eine Schlossherrin aus längst vergangenen Tagen sei, welche im Grabe keine Ruhe fand und nun als Geist umherirren müsse. Die jungen Tänzer verließen schnell den schauervollen Platz und rannten kreischend hinab ins Dorf. In einer weiteren Überlieferung wird berichtet, dass die weiß gekleidete Frau spielenden Kindern begegnet sei, denen sie ebenfalls winkend und mit einem Schlüsselbund in der Hand erschienen sein soll. Seit diesen Vorfällen fanden weder Spiele noch Tanzvergnügen in den Ruinen am Schlossberg statt. Die weiße Frau erscheint auch in einer anderen Sage, die von edlen Weinen wissen will, die in den  Kellerräumen der Ruine gelegen haben sollen. Die Fässer wurden von der weißen Frau gut gehütet und man konnte nur mit ihrer Hilfe an den Wein gelangen. Nur Sonntagskinder, so weiß die Sage zu berichten, hatten eine Chance mit Hilfe der weißen Frau an den edlen Wein zu kommen. Der im Laufe der Jahrhunderte gereifte  Wein lag in seinem eigenen Weinstein, weil das Holz der Fässer inzwischen vermorscht und zerfallen war.

Die verwandelten weißen Frauen vom Schlossberg

Viele Geschichten erzählt man sich in der Spessartgemeinde Partenstein auch heute noch von der „Sagenhaften“ weißen Frau. Einst sollen einem Mann  gleich zwei weiß gekleidete Frauen begegnet sein, welche vom Partensteiner Schloss aus herab in den Wiesengrund stiegen um dort eine Weile am Bache entlang zu wandeln. Plötzlich sprangen die zwei unheimlichen Gestalten ins Wasser und wurden, sogleich sie hinab getaucht waren, in zwei Enten verwandelt. Der Mann erschrak so sehr über das geisterhafte Geschehen, so dass er schnell das Weite suchte. Als er im Dorfe ankam, erzählte er allen Leuten was ihm unheimliches im Wiesengrund widerfahren war. Ungläubig hörte man ihm zu und so mancher, der seiner Geschichte Glauben schenkte, sprach zu dem Mann: „Hättest du nach ihrem Begehren gefragt und dieses unter Anrufung Gottes erfüllt, dann hättest du sicher die zwei armen Seelen erlösen können!“ Noch heute sieht man im Wiesengrund Enten munter auf dem Wasser schwimmen und vielleicht sind die weißen Frauen vom Schlossberg noch immer unter ihnen.


Aus: Tanja Breitenbach, Sagen über Partenstein, Partenstein 2004